2 Erstes Kapitel.
dieser Konvention ist, dass die Verfassung alsdann einer Kon-
vention von Delegirten unterbreitet werden soll, welche in jedem
Staate auf Empfehlung seiner Legislatur durch das Volk zum
Zwecke seiner Zustimmung und Ratifikation zu wählen ist.“
Man hielt es für nothwendig bei der Annahme einer Ver-
fassung, welche gegenüber den Konföderationsartikeln dem bis-
herigen Staatenbund eine ganz neue Grundlage unterschob, auf
die letzte Quelle aller politischen Gewalten zurückzugreifen.
Vor allen Dingen aber war es die Absicht durch dieses Ver-
fahren eine Lehre zu beseitigen, welche unter den Konfödera-
tionsartikeln, wenn auch nicht ohne Widerstreit, aufgestellt
worden war, dieLehre nämlich, dass die Union nurein Vertrag
zwischen unabhängigen Staaten sei und dass mithin der Bruch
irgend eines Vertragsartikels nach den Grundsätzen des Völker-
rechtes jedem einzelnen Staate das Recht gewähre, den ganzen
Vertrag als unverbindlich zu betrachten. Madison legte in
der Konvention hieraufein Hauptgewicht. Er bezeichnete den
Unterschied zwischen einem nuraufder Zustimmung der Staaten-
legislaturen und einem auf der unmittelbaren Zustimmung des
Volkes beruhenden Systeme als den recht eigentlichen Unter-
schied zwischen einem Bund oder Vertrag, welcher unter den
Grundsätzen des Völkerrechtes steht, und zwischen einer Ver-
fassung, welche die Anwendung der völkerrechtlichen Grund-
sätze ausschliesst !.
Die Ratifikation der Verfassung ist von den einzelnen Staa-
ten auf dem von der Konvention empfohlenen Wege erfolgt.
Allein die wesentliche Absicht, welche hiermit verbunden war,
ist nicht erreicht worden. Schon die Ereignisse der nächsten
Jahre lieferten den Beweis.
Die französische Revolution übte eine starke Rückwirkung
auf die Vereinigten Staaten aus. Wie überall, so theilten sich
auch die Republikaner Amerikas in leidenschaftlicher Bewun-
derung und im grimmigen Hass für die revolutionären Thaten
der Schwesterrepublik jenseits des Meeres. Die mannigfachen
ıThe Federalist, No. 22. Curtis, History of the Constitution of
the U. St. II, pag. 85 ff., 177 ff., 375, 480 ff.