Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 113
hältniss selbst hat die nämliche Natur, wie das Gesammtver-
hältniss dieser Staaten zum Reiche unter der Gesammtheit der
Verfassungsartikel.
Ill. Verwickelter sind die Schlussbestimmungen zum XI.
und XII. Abschnitt der Reichsverfassung. Sie lauten:
„Die in diesem Abschnitt enthaltenen Vorschriften kom-
men in Baiern nach näherer Bestimmung des Bündniss-Ver-
trages vom 23. November 1870 unter III. $ 5, in Würtemberg
nach näherer Bestimmung der Militärkonvention vom 21./25.
November 1870 zur Anwendung.
„Auf die Ausgaben für das bairische Heer finden die
Artikel 69 und 71 nur nach Massgabe der, in der Schlussbe-
stimmung zum XI. Abschnitt erwähnten Bestimmungen des
Vertrages vom 23. November 1870 und der Artikel 72 nur
insoweit Anwendung, als dem Bundesrathe oder dem Reichs-
tage die Ueberweisung der für das bairische Heer erforder-
lichen Summe an Baiern nachzuweisen ist“. _
Es ist nothwendig die hieraus sich ergebende rechtliche
Stellung für Baiern und für Würtemberg gesondert zu
betrachten.
1. Nach dem angezogenen $ 5 des bairischen Vertrages
gewannen mit dem 1. Januar 1872 die Artikel 57 bis ein-
schliesslich 60 der Reichsverfassung gesetzliche Geltung
für Baiern, nur dass a. 58 einen besondern Zusatz erhielt.
Dagegen wird bestimmt: „Die Artikel 61 bis 68 finden auf
Baiern keine Anwendung. An deren Stelle treten folgende
Bestimmungen:“. |
Diese folgenden Bestimmungen des $ 5 sind unter I. bis
VII. formulirt durchaus in der Weise verfassungsgesetzlicher
Artikel. Sie belassen der zukünftigen Reichsgesetzgebung,
soweit sie sich auf das Gebiet des Militärwesens überhaupt
erstreckt, ihren vollen Umfang. Aber, indem sie die, sagen
wir, exekutive Militärhoheit in Krieg und Frieden dem König
von Baiern zuschreiben, verpflichten sie den König von Baiern
nur zu einer bestimmten Ausübung dieser seiner Militärhoheit
an bestimmten Punkten, gewähren sie dem Kaiser nur be-
A. Haenel, Studien. I. 8