Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

200 Drittes Kapitel. 
2. Das Nämliche gilt von der Vorschrift über die Frei- 
hafenstellungder Hansestädte. Allerdings gewinnt 
es den Anschein, als ob der Artikel 34 der norddeutschen und 
jetzt der Reichsverfassung eine Vorschrift der Verfassung ent- 
hielt, welche nur im Wege der Verfassungsänderung besei- 
tigt werden könnte®. Allein dieser Anschein trügt. Die 
Bestimmung des Artikel 34 über die ausnahnsweise Frei- 
hafenstellung der Hansestädte wird beherrscht durch den 
Grundsatz des Artikel 33, welcher allein die Kraft eines Ver- 
fassungsgesetzes hat: „Deutschland bildet ein Zoll- und Han- 
delsgebiet, umgeben von gemeinschaftlicher Zollgrenze“. Die 
Aufnahme der Hansestädte in das deutsche Zoll- und Handels- 
gebiet ist nicht eine Abänderung der Verfassung und darum 
nicht an deren Formen gebunden, sondern Vollzug eines Ver- 
fassungsgrundsatzes, zu dem ein Beschluss des Bundesrathes 
an sich kompetent ist. Nicht gegen eine Verfassungsände- 
rung und deren regelmässige Formen, sondern gegen diesen 
Vollzugsbeschluss des Bundesrathes ist den Hansestädten ein 
besonderes Schutzmittel verfassungsmässig gegeben dadurch, 
dass derselbe nur auf ihren Antrag rechtsverbindlich erfolgen 
kann. Dies ergiebt sich mit voller Klarheit aus Artikel 6 des 
Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 9%, der an diesem 
Punkte die Geltung der norddeutschen Verfassung unberührt 
liess und dies Ergebniss wird durch den entscheidenden Prä- 
zedenzfall bestätigt, dass die Hansestadt Lübeck auf ihren An- 
trag und lediglich durch einen Beschluss des Bundesrathes 
9% So nimmt an Meyer, Staatsrechtliche Erörterungen pag. 72. 
%6 „Sobald die Gründe aufgehört haben, welche die volle Anwendung des 
gegenwärtigen Vertrages auf den einen oder andern der unter No. 1. genann- 
ten Staaten und Gebjetstheile* (sub e. die Hänsestädte) „ausschliessen, wird 
das Präsidium des norddeutschen Bundes den Regierungen der übrigen ver- 
tragenden Theile Nachricht geben. Der Bundesrath des Zollvereins be- 
schliesst alsdann über den Zeitpunkt, an welchem die Bestimmungen des 
Artikel 3 bis 5 und 10 bis 20 in diesem Staate oder Gebietstheile in Wirk- 
samkeit treten“.
	        
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