Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

214 Drittes Kapitel. 
Sie gelten als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe 14 
Stimmen gegen sich haben. 
Sie erfahren nur die modifizirende Bestimmung, dass sich 
in der zur Rechtsgültigkeit von Verfassungsänderungen noth- 
wendigen Majorität im Bundesrathe die bejahende Stimme des 
berechtigten Bundesstaates finden muss. — 
Fassen wir hiernach die Verhandlungen der Staats- 
regierungen und derlegislativen Körperschaften 
in’s Auge, welche die aufgeworfene Frage in der Zuspitzung be- 
handelten, ob die Zustimmung des berechtigten Bundesstaates 
im Bundesrathe zur gültigen Abänderung der Sondervorschrif- 
ten genüge, oder ob die Zustimmung der legislativen Faktoren 
des Einzelstaates hierzu erforderlich sei. 
Während der Verhandlungen über die Verfassungsver- 
träge hat unter den Vertretern der Staatsregierungen tiber den 
hier fraglichen Sinn des Alinea 2 des Artikel 78 ein Mei- 
nungsaustausch nicht stattgefunden; es wurde über diesen 
Sinn weder diskutirt noch irgend eine Feststellung getroffen 1%. 
Als daher bei der Berathung der Verfassungsverträge im nord- 
deutschen Reichstage die Anfrage gestellt wurde, ob unter 
Zustimmung des berechtigten Bundesstaates zu verstehn sei: 
„des berechtigten Bundesstaates im Bundesrathe“ oder ob des 
Bundesstaates als einzelnen und unter Rückgriff auf die be- 
sondern legislativen Faktoren, wies der Präsident des Bundes- 
105 Der würtembergische Bundesbevollmächtigte von Mittnacht in der 
Sitzung des Reichstages vom 22. November 1871, Sten. Ber. pag. 424; 
ebenso in der zweiten würtembergischen Kammer, Sitzung vom 
8. Februar 1872, Protokolle Bd. III. pag. 1381 ff. Weiter geht die Erklä- 
rung des Minister von Lutz in der Sitzung der 2. bairischen Kammer 
vom 16. Dezember 1871: „In der That kann ich Ihnen aus den Verhand- 
lungen — in Versailles — versichern, dass nicht allein Niemand daran gedacht 
hat, ina. 78al. 2 die Zustimmung derständischen Versammlungen eines Staates 
als ein nothwendiges Requisit zu bezeichnen ; sondern im Gegentheile sämmt- 
liche Contrahenten waren darüber einig, dass es sich — bei dem Bunde nur 
darum handele, dass die — bevollmächtigten Bundesrathsmitglieder ihre 
Stimme für das Fallenlassen eines — Separatrechtes — abgeben“. Verh. der 
bair, K. d. A. 1871— 72. Sten. Ber. I. pag. 112. —
	        
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