Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Die einzelnen Bestimmungen der deutschen Reichsverfassung. 215 
kanzleramtes eine authentische Interpretation zurück. Er 
gab jedoch die Erklärung ab: „Ich kann nur sagen, dass ich 
unter dieser Zustimmung nichts Anderes verstanden habe als 
die Zustimmung im Bundesrathe und dass mir bisher eine 
entgegenstehende Auffassung nicht bekannt geworden ist“ #8, 
Bei den Verhandlungen der süddeutschen Kammern über 
die Verfassungsverträge ist es nicht einmal zu einer solchen 
Erklärung gekommen. In der bairischen Kamuwer der Abge- 
ordneten gingen gerade Gegner der Verfassungsverträge von 
der Auffassung aus, dass die Staatsregierung im Bundesrathe 
zum einseitigen Verzichte auch auf die bairischen Reservat- 
rechte befugt werde 107, während Anhänger derselben die recht- 
liche Nothwendigkeit des Zusammenwirkens von Krone und 
Landtag behaupteten 108, Inder würtembergischen Kammer 
der Abgeordneten verwahrte der Komissionsbericht, angesichts 
106 Zweite ausserordentliche Session des norddeutschen Reichstages von 
1870, 8. Sitzung, Sten. Ber. pag. 133. 134. Schonin der 6. Sitzung hatte der 
Abg. Lasker sich in gleichem Sinne geäussert und das Gewicht darauf gelegt, 
„dass die gesammte Reformentwicklung innerhalb des Bundes selbst sich voll- 
ziehe und nicht abhängig gemacht werde von einem Willen, welcher ausser- 
halb des Bundes steht“. ib. pag. 85. Dagegen behauptete der Abg. von 
Brauchitsch in der 7. Sitzung, dass die Zustimmung der Landesvertretungen 
zu einem Verzichte auf Reservatrechte erforderlich sei. ib. pag. 105. 
107 Insbesondere Dr. Krätzer: „die Staatsregierung repräsentirt das 
Land und kann verzichten auf die Reservatrechte“. Einem Gesetze, wonach 
die Zustimmung der Stände zur Instruirung des Bundesrathsbevollmächtigten 
in so wichtigen Fragen erforderlich ist, kann die Staatsregierung ihre Zu- 
stimmung verweigern“. „Der König hat im Bunde nicht mehr die Möglichkeit 
unsere Interessen durch Staatsverträge zu wahren. Das ist ein grosser Unter- 
schied, ob S. M. unser König noch Staatsverträge abschliessen kann, oder 
das Reich in dieser Beziehung unsere Interessen wahrt“. Verhandlungen der 
bair. Kammer der Abg. 1870—71. Sten. Ber. Bd. IV, pag. 249. 
108 Minoritätsreferent (für Annahme der Verträge) M. Barth: „Eine 
Thätigkeit zur Beseitigung dieser Sonderrechte wird und kann sich aber nicht 
entwickeln im deutschen Reichstage, sondern nur im bairischen Landtage*“. 
— „Denn wenn nicht Krone und Landtag in Baiern zusammenwirken, um 
solche Sonderrechte zu beseitigen, dann werden sie auch nicht beiseitigt wer- 
den können“. ]. c. pag. 115.
	        
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