238 Viertes Kapitel.
Ein Verzicht, wie jede Abänderung der Zusicherungen
ist daher auch dann, wenn er im Bundesrathe erfolgt, nicht
Abstimmung des berechtigten Bundesgliedes, sondern vertrags-
mässige Beliebung des Einzelstaates.
Daraus folgt denn aber auch nothwendig, dass über die
Frage, ob ein Verzicht oder eine Abänderung der vertrags-
mässigen Zusicherungen von der Regierung des berechtigten
Einzelstaates einseitig oder nur unter ständischer Zustimmung
rechtsgültig erfolgen könne, nach Reichsrecht nicht zu ent-
scheiden ist. Hier liegt in der That eine Frage des innern
Staatsrechtes jedes betroffenen Einzelstaates vor. Und man
wird im Allgemeinen sagen müssen, dass die ständische Mit-
wirkung überall da erforderlich ist, wo der Verzicht oder die
Abänderung der zusichernden Vereinbarung mit einer finan-
ziellen Mehrbelastung oder mit einem Eingriff in die Gesetz-
gebung des Landes verknüpft ist.
Nach dem Allen bieten die Verhandlungen und Protokolle
allerdings eine Reihe von Vereinbarungen, durch welche nicht
nur vertragsmässige Rechte und Pflichten zwischen einem Ein-
zelstaate und dem Reiche ausserhalb dessen Kompetenz ge-
regelt werden, sondern durch welche auch die rechtliche
Stellung einzelner Staaten im Reiche innerhalb dessen Kom-
petenz vertragsmässig bestimmt ist.
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und auf Vertretung Preussens im Präsidium des Bundesrathes in einem gesetz-
lichen Akte gar nicht äussern.
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