Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Erster Band. Die vertragsmäßigen Elemente der Deutschen Reichsverfassung. (1)

Allgemeine Erörterungen. 49 
standtheile dieses Vertrages erscheinen. Kontrahenten zu 
diesem Vertrage würden aber derregelmässigen Voraussetzung 
nach nur die Einzelstaaten sein. Der Bund selbst könnte zu 
seinem Theile vertragsmässiger Garant nur insofern sein, als 
ein späterer Vertragsakt dieses Inhaltes von ihm mit seinen 
Mitgliedern nachweislich vorgenommen ist oder als es sich 
um später aufgenommene Mitglieder handelt. Denn es ist un- 
möglich, dass der Bund als solcher, der .durch den Vertrag 
seiner ursprünglichen Theilnehmer erst geschaffen wurde, 
sofort und gleichzeitig Mitkontrahent an dem Vertrage sei. 
Das vertragsmässige Element tritt in dem ersten Falle 
dadurch hervor, dass jede Veränderung in den Verfassungs- 
bestimmungen den Abschluss eines neuen Vertrages des Bun- 
des mit den hierdurch betroffenen Einzelstaaten voraussetzt, 
in dem zweiten Falle dadurch, dass jede Veränderung der 
Verfassungsbestimmungen die Veränderung eines bereits 
geschlossenen Vertrages enthält. 
Das Kriterium, unter welchem die aufgeworfene Frage 
zu lösen ist, welches allein entscheiden kann, ob einer jener 
beiden Fälle vorliegt, ob eine vertragsmässige Betrachtungs- 
weise der Verfassung oder doch wesentlicher Theile derselben 
zulässig sei, kann .überall nur in dem Nachweise gefunden 
werden, dass die entsprechenden Aenderungen der Verfassung, 
unter Abweichung von den regelmässigen Formen der Wil- 
lensbildung der Gesammtheit, in ihrer Rechtsverbindlichkeit 
durch die vertragsmässigen Vereinbarungen der betheiligten 
Kontrahenten bedingt sind oder dass dies nicht der Fall ist. 
Man mag zugeben, dass eine Vereinbarung nicht schlecht- 
hin ausgeschlossen ist, wodurch sich die an einem vertrags- 
mässigen (obligatorischen) Gesellschaftsverhältniss Bethei- 
ligten für gewisse Fälle den Majoritätsbeschlüssen unterwerfen. 
Allein dies ist eine die Regel durchbrechende Ausnahme, die 
sich als solche durch ihre scharfe, die Präsumtion des Gegen- 
theiles ausschliessende Fassung und durch das Hervortreten 
des vertragsmässigen Charakters des Verhältnisses an andern 
Punkten, wie insbesondere im willkürlichen Rücktrittsrecht 
A. Haenel, Studien. I. 4
	        
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