50 Erstes Kapitel.
oder in der Schliessung der Mitgliederzahl, darlegen wird und
muss. Eine Gemeinschaft, welche auf die Dauer berechnet
und wesentliche, in einzelnen konkreten Verhältnissen sich
nicht erschöpfende Lebensbedingungen der Betheiligten befasst
und welche trotzdem ihre rechtsverbindliche Willensbildung
an Organe bindet, die in ihrer Ordnung und Bethätigung auf
die Herrschaft des Majoritätsprincipes angelegt sind, muss als
ein Verhältniss der Ueber- und Unterordnung aufgefasst wer-
den und schliesst die Voraussetzung eines vertragsmässigen
Verhältnisses aus, auch dann wenn es vertragsmässig gewollt
d. h. durch Vertrag entstanden ist. Denn geben wir eine
solche Herrschaft des Majoritätsprincipes als das unterschei-
dende Merkmal zwischen einem vertragsmässigen Gesell-
schafts- Verhältniss und einer rechtlich zum Ganzen geglie-
derten Gemeinschaft auf, dann steht ein solches überhaupt
nirgends fest und wir sind der unbegründbaren und darum
auch unwiderleglichen Willkür jedes Konstruktionsversuches
der Gemeinschaftsverhältnisse preisgegeben.
Nur .unter diesem Kriterium und unter der entwickelten
Beschränkung steht der zweite Bestandtheil ($ 2, II.) der Un-
tersuchung über die vertragsmässigen Elemente der deutschen
Reichsverfassung für uns in Frage, vorausgesetzt dass sie das
deutsche Reich mit den wesentlichen Merkmalen des Bundes-
staates ausstattet.
\ 4.
Status eausae et controversiae.
Die Beschränkung, welche wir der Frage nach der Ver-
tragsmässigkeit der Verfassung des deutschen Reiches und der
dadurch begründeten Rechtsverhältnisse gestellt haben, hat zu-
gestandener Massen die Voraussetzung gemacht, dass der
Bundesstaat, in seinem Verhältnisse zu den Unterthanen durch
eigene Macht- und Rechtsmittel gehalten, als staatsrechtliche
Potenz zur Erscheinung komme.