12 . Zweites Kapitel.
ber 1866 bestimmt in $ 1: „Zur Berathung der Verfassung
und der Einrichtungen des norddeutschen Bundes soll ein
Reichstag gewählt werden“ und dieser Bestimmung hat sich
die Mehrzahl der Staaten (Sachsen, Hessen, beide Meck-
lenburg, Oldenburg, Koburg-Gotha, Meiningen,
beide Schwarzburg) angeschlossen 2, |
Mit dem Allen ist es in einem besti mmten Sinne un-
richtig, dass der norddeutsche Reichstag nur eine verfassungs-
berathende Funktion gehabt habe.
Der Wortlaut des Augustbündnisses konnte es zweifel-
haft lassen, ob der norddeutsche Reichstag in dem Sinne ein
verfassungsgebender sein sollte, dass die mit ihm vereinbarte
Verfassung unmittelbar gesetzliche Kraft in allen Einzelstaa-
ten gewinnen, ob der Satz: das Bundesgesetz bricht das
Landesgesetz, rücksichtlich ihrer anticipirt werden sollte. Es
ist selbstverständlich, dass es, um der Vereinbarung zwischen
den Regierungen und dem norddeutschen Reichstage eine
solche rechtliche Kraft zu verleihen, einer ausdrücklichen Er-
mächtigung der legislativen Faktoren aller betheiligten Ein-
zelstaaten und zwar in den Formen der Verfassungsänderung'
bedurft hätte. Diese Ermächtigung ist ausdrücklich in kei-
nem Staate ertheilt, sie ist dagegen nach dem Vorgange
Preussens in der Mehrzahl der norddeutschen Staaten aus-
drticklich versagt worden. Es stand damit rechtlich fest, dass
die zwischen den norddeutschen Regierungen und dem Reichs-
tage vereinbarte Verfassung für ihre gesetzliche Kraft in den
Einzelstaaten eine fernere verfassungsmässige Mitwirkung der
Einzellegislaturen als Bedingung in sich trug, dass allerdings
indiesem Sinne der Reichstag ein verfassungsgebender
nicht sei. |
Allein aus diesem Verhältniss der zwischen den ver-
bündeten Regierungen und dem Reichstag getroffenen Verein-
barungen zu den Einzellegislaturen ergab sich nicht die Fol-
gerung, dass überhaupt auf eine Vereinbarung zwischen den
2 Siehe die Wahlgesetze in Glaser, Archiv, Heft II pag. I ff.