Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

124 $ 4. Die Theorie G. Meyer’s. [28 
Rechtssatz anzusprechen. Gewiss giebt es Erscheinungen, 
deren Beurtheilung, ob sie einen Rechtssatz oder die Gestal- 
tung subjektiven Rechtes kraft eines Rechtsgeschäftes darstel- 
len, zweifelhaft sein kann, wie bei gewissen Statuten, Regle- 
ments. Aber nicht die Mangelhaftigkeit des Begriffes, sondern 
die Schwierigkeit der Analyse des Thatbestandes und damit 
der Subsumtion sind es, die, wie nur zu häufig bei der Hand- 
habung auch des einfachsten Begriffes, so auch hier den 
Zweifel entstehn lassen. 
Die Hinzufügung jedes andern Merkmales, der den Be- 
griff des Rechtssatzes, als des Darstellungsmittels des objekti- 
ven Rechtes, verengert, ist unrichtig und willkürlich und ver- 
stösst gegen den Sprachgebrauch. 
Das gilt insbesondere von der Behauptung, dass das 
Merkmal der Allgemeinheit dem Begriff des Rechtssatzes 
wesentlich sei. Die Prüfung ihrer Richtigkeit führt zur Prü- 
fung der Theorie G. Meyer’s. 
84. 
Die Theorie 6. Meyer’s. 
Die Theorie G. Meyer’s in ihrem charakteristischen 
Kernpunkt — abgesehn also von der Allen gemeinsamen An- 
nahme vom rechtlich irrelevanten Inhalt der Gesetze — be- 
ruht auf der Ansicht, dass rechtsverbindliche Regelungen, 
welche sich „blos auf einen oder mehr individuell bestimmte 
Thatbestände beziehn“ — Grünhut, Zeitschrift VII. pag. 21 —, 
den Inhalt von Rechtssätzen nicht bilden. Solche spezielle, 
individuelle Regelungen unterstellt er dem umfassenden Begriff 
der „Verfügung“, solche spezielle, individuelle Gesetze sind 
ihm „Verfügungen in Gesetzesform“ und darum „Gesetze“ 
nur im formellen Sinne. 
„Vielmehr gehört es zum Wesen des Rechtssatzes und 
demnach auch zum Wesen ‘eines Gesetzes im materiellen 
Sinne, dasseseineallgemeine Regel enthält“ — ib.pag.15 —.
	        
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