132 & 4. Die Theorie G. Meyer’s. [36
Gesetz, der allgemeine Rechtssatz wird für den vorliegenden
individuellen Fall aufgehoben; der zweite: an die Stelle des
allgemeinen Gesetzes oder Rechtssatzes tritt für diesen indi-
viduellen Fall die folgende individuelle Regelung. Das heisst
aber nichts Anderes, als diese individuelle Regelung fungirt
statt der allgemeinen Regelung; sie hat für den individuellen
Fall genau die rechtliche Bedeutung, genau die rechtliche
Wirkung, welche das allgemeine Gesetz für die unter dasselbe
subsumirten Fälle hat.
Und ganz das Nämliche gilt für individuelle oder spe-
zielle Gesetze, welche nicht contra, sondern praeter legem
erlassen werden. G. Meyer — ib. pag. 22 — führt sie mit
Recht auf zwei Arten zurück: auf Verleihung von Rechten an
einzelne Privatpersonen oder Korporationen und auf Ermäch-
tigungen der Regierungen.
Hier bietet das positive Recht eine doppelte Gestal-
tung dar.
In der einen Gestaltung hat das Recht Fideikomisse zu
errichten, Korporationsrechte zu gewinnen, das Staatsbürger-
recht als Fremder zu erwerben, Eisenbahnkonzessionen zu er-
langen, Expropriationsrechte zu gewähren, Staatsanleihen zu
machen, Staatsgarantien zu ertheilen u. s. w. durch allge-
meine Gesetze oder durch sonstige allgemeine Rechtssätze
Anerkennung gefunden, gleichgültig ob dies Rechte sind, die
für die Interessenten unmittelbar mit einem Thatbestande ver-
knüpft werden oder ob es Ermächtigungen bestimmter Staats-
organe zu Verleihungen an Private oder zu Verfügungen im
Staatsinteresse sind.
In einer andern Gestaltung des positiven Rechtes haben
diese Rechte der Privatfreiheit oder diese Ermächtigungen der
Staatsorgane eine allgemeine rechtliche Anerkennung nicht
gefunden, vielmehr ist es der Gesetzgebung vorbehalten wor-
den, dieselben von Fall zu Fall zu gewähren.
In der ersten Gestaltung regelt das allgemeine Gesetz
alle diejenigen Rechtsfolgen, die mit den Begriffen Fideikom-
miss, Staatsbürgerrecht, Korporationsrecht, Eisenbahnkonzes-