Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

49] $ 5. Das konstitutionelle Gesetz. 145 
Die beiden französischen Charten, unmittelbar oder ver- 
mittelt durch die belgische Verfassung, sind alsdann ge- 
rade in den hier einschlagenden Bestimmungen das Prototyp 
der konstitionellen Verfassungen des Kontinentes geworden, 
wenn dieselben auch vielfach, je nach der Zeit ihrer Ent- 
stehung, dem monarchischen Prinzip einen noch schärfern 
Ausdruck verliehen. Das gilt insbesondere auch von den deut- 
schen Verfassungen bis hinauf zu den entsprechenden Artikeln 
der deutschen Reichsverfassung. 
Nur erst aus dieser historischen Entwickelung hat sich 
die Form des konstitutionellen Gesetzes und damit des- 
jenigen „Gesetzes“ entwickelt, dessen möglichen Inhalt zu 
untersuchen allein ein wissenschaftliches Interesse bietet. Aber 
auch nur die Form des Gesetzes ist damit geschaffen wor- 
den, nicht etwa, wie Jellinek von der ersten französischen 
Verfassung in voreiliger Vorausnahme eines erst zu erbrin- 
genden Beweisergebnisses annimmt — Gesetz und Verordnung, 
pag. 75 —, das „Gesetz im formellen Sinne“ der neuen 
Doktrin. 
Auf der Grundlage der deutschen Verfassungen 
ist der Begriff dieser Form zu entwickeln. Die verglei- 
chende Rechtswissenschaft gewinnt ihre berechtigte Stellung 
erst, nachdem die Massstäbe der Vergleichung festgestellt 
sind. Der Versuch vorzeitig das „europäische Verfassungs- 
und Verwaltungsrecht“ zur Entscheidung streitiger dogma- 
tischer Fragen heranzuziehn, hat immer nur die Verdunke- 
lung der Streitfragen in einem unkontrolirbaren Material her- 
beigeführt und dazu gedient, die politische Tendenz dem po- 
sitiren Rechte unterzuschieben. 
Gerade wenn es sich aber um eine Form handelt, deren 
möglicher Inhalt streitig ist, gilt es, die begrifflichen Merk- 
male derselben an der Hand des positiven Rechtes mit voller 
Präzision festzustellen und sie mit aller Konsequenz festzuhal- 
ten. Jede Schwankung, insbesondere jede Erweiterung nach 
dem allgemeinen Begriff „staatlicher Erklärungen“, „staatlicher 
Willensakte“, „staatlicher Beschlüsse“ hin, muss die Streit- 
Haenel, Studien. IT. 10
	        
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