148 8 6. Die Form der gesetzgeberischen Willensbildung. [52
stellt. Es sind das die Schranken, welche jeder Befehlsgewalt,
die überhaupt als rechtliche qualifizirt wird, gezogen sind,
mag dieselbe heissen wie sie wolle, mag sie eine suveräne
oder untergeordnete, mag sie eine staatliche oder private sein.
Aber innerhalb der allgemeinen Schranken des Rechtes
überhaupt bethätigt sich die Suvreränetät der Gesetzgebung
in allen Folgerungen.
Sie bewirkt es, dass jedes Gesetz jedes ihm entgegen-
stehende Recht, mag dasselbe objektives oder subjek-
tives sein, von Rechts wegen bricht. Und zwar gilt
dies auch gegenüber dem Staatsoberhaupte in seinem ein-
seitigen Wirkungskreise. Er ist an das Gesetz gebunden
schlechthin, auch wenn es in Rechte eingreift, die er als
Rechte der Vollziehung, der Organisation, der Verordnung ver-
fassungsmässig beanspruchen konnte. Das Gesetz kann den
rechtlichen Wirkungskreis des Staatsoberhauptes wie erweitern
so schmälern. Aber es giebt keine Gewalt, auch nicht die
des Staatsoberhauptes, welche ihrerseits den Wirkungskreis der
Gesetzgebung erweitern oder schmälern oder rechtlich das
Gesetz einseitig brechen könnte.
Daher gilt denn auch der weitere Satz, dass das Ge-
setz immer nur im Wege der Gesetzgebung aufge-
hoben oder geändert werden kann, selbstverständlich so-
weit das Gesetz selbst nicht anderes vorsieht. Aber der Satz,
dass eine rechtliche Anordnung nur auf demselben Wege, auf
dem sie rechtsgiltig entstand, aufgehoben oder geändert wer-
den kann, gilt nirgends gegenüber dem Eingreifen der Gesetz-
gebung.
Die Suveränetät der gesetzgeberischen Willensbildung
endlich begründet es, dass jedes Gesetz eine auf sich
selbst gestellte, der Ableitung von einer andern Au-
torität oder Norm unzugängliche, eine in diesem
Sinne unbedingte oder selbständige Geltung hat.
Selbst dann, wenn das Gesetz es zur Absicht hat einen an-
derweitig geltenden Rechtssatz nur zu reproduziren oder zu
deklariren, anzuwenden oder in seinen Folgerungen zu spe-