Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

53] $ 6. Die Form der gesetzgeberischen Willensbildung. 149 
zialisiren, gilt das, was es anordnet, schlechthin, kraft seiner 
eigenen Autorität und ohne Rücksicht auf die Richtigkeit oder 
Unrichtigkeit der motivirenden Voraussetzungen. 
II. Allein das Zusammenwirken der konstitutionellen Or- 
gane bei der staatlichen Willensbildung ist in keiner Weise 
das ausreichende Merkmal für die Form des Gesetzes. Nicht 
jede Form eines solchen Zusammenwirkens ist ein gesetz- 
geberischer Akt im positiv-rechtlichen Sinne unserer Ver- 
fassungen. 
1. Das tritt mit voller Schärfe in dem Typus hervor, den 
die preussische und die deutsche Verfassung darstellt. 
Hier wird als die Form der gesetzgeberischen Willens- 
bildung festgestellt: 
Reichsverfassung a 5: „Die Reichsgesetzgebung wird 
ausgeübt durch den Bundesrath und den Reichstag. Die 
Übereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider Versamm- 
lungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und ausreichend.“ 
Preussische Verfassung a. 62: „Die gesetzgebende 
Gewalt wird gemeinschaftlich durch den König und durch 
zwei Kammern ausgeübt. — Die Übereinstimmung des Kö- 
nigs und beider Kammern ist zu jedem Gesetz erforderlich.“ 
Wir haben keinerlei wissenschaftliches Recht in diesen 
Verfassungstexten an die Stelle der „Übereinstimmung“ beider 
die Zustimmung des einen Faktors zu einseitigen Akten des 
andern Faktors, an die Stelle der „Gemeinschaft“, der vollen 
rechtlichen Gleichstellung beider das ausschliessliche, wenn 
auch durch das Recht des andern irgendwie beeinflusste Recht 
des Einen Theiles unterzuschieben. Wir dürfen der Gefahr 
nur statistischer Zusammenstellungen der Gesetzestexte, welche 
uns die Zersplitterung des positivrechtlichen Stoffes in Deutsch- 
land bereitet, nicht zu entgehn suchen durch eine Nivellirung 
charakteristischer Unterschiede, die in einer vorgefassten dok- 
trinären Auffassung nicht reinlich aufgehn. Mit der Meta- 
physik insbesondere, welche um der nothwendigen Einheitlich- 
keit und Planmässigkeit aller Staatsthätigkeit willen die recht- 
liche Vereinigung aller staatlichen Funktionen in Einem
	        
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