Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

152 $ 6. Die Form der gesetzgeberischen Willensbildung. [56 
dende Erklärung des Staatsoberhauptes in jedem Falle der 
Initiative in die Hinterhand, an den Schluss des staatlichen 
Willensprozesses gestellt sein soll. 
Weit ab von dieser verfassungsmässigen Form der gesetz- 
geberischen Willensbildung liegt es nun aber, wenn dieselben 
Verfassungen bei anderweitigen Staatsakten von einer „Zu- 
stimmung“ oder „Genehmigung“ der Volksvertretung 
sprechen. 
Hier liegt der Sache nach und nach der unzweideutigen 
Terminologie der Verfassungstexte die Form, der „Weg der 
Gesetzgebung“ nicht vor. 
Das prägnanteste Beispiel bilden die völkerrechtlichen 
Verträge. 
Für sie ordnet die Reichsverfassung a 11. unter der 
Rubrik „Präsidium“ an: „Der Kaiser hat das Reich völker- 
rechtlich zu vertreten, im Namen des Reiches — — — — 
Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten einzu- 
gehn. Insoweit die Verträge mit fremden Staaten sich auf 
solche Gegenstände beziehen, welche nach a 4 in den Bereich 
der Reichsgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschluss die 
Zustimmung des Bundesrathes und zu ihrer Gültigkeit die 
Genehmigung des Reichstages erforderlich.“ 
Die preussische Verfassung unter dem Titel „Von 
dem Könige“ bestimmt a 48: „Der König hat das Recht — — 
Verträge mit fremden Regierungen zu errichten. Letztere be- 
dürfen zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung der Kammern, so- 
fern es Handelsverträge sind, oder wenn dadurch dem Staate 
Lasten oder einzelnen Staatsbürgern Verpflichtungen auferlegt 
werden.“ 
In diesen Anordnungen tritt mit vollster Deutlichkeit die 
Anschauung zu Tage: Die Bildung des völkerrechtlichen Ver- 
tragswillens steht allein dem Kaiser oder Könige zu; sie ist 
Bestandtheil seiner Kompetenz, seiner kaiserlichen oder kö- 
niglichen Gewalt; diese findet nur eine Schranke in genau 
bestimmten Fällen an einem Rechte der Mitwirkung der 
Volksvertretung. Die Mitwirkung bedeutet nichts weniger
	        
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