59) $ 6. Die Form der gesetzgeberischen Willensbildung. 155
Beide sind positivrechtlich nach Form und Inhalt wesent-
lich, „begrifflich“ unterschieden.
2. Allerdings das, was bereits in der Terminologie der-
jenigen Verfassungen, welche die „Gemeinschaft“, die „Über-
einstimmung“ der konstitutionellen Faktoren bei der gesetz-
geberischen Willensbildung vorschreiben, klar und unzweideu-
tig hervortritt, das wird auf den ersten Blick durch die Ver-
fassungen, die einen andern Typus aufweisen, verdeckt.
Sie — um das Beispiel der Verfassung Sachsen’s zu
nehmen — bestimmen:
8 4. „Der König ist das suveräne Oberhaupt des Staa-
tes, vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt
sie unter den durch die Verfassung festgesetzten Bedingun-
gen aus“.
8 86. „Kein Gesetz kann ohne Zustimmung der Stände
erlassen, abgeändert oder authentisch interpretirt werden.“
Und dieselbe „Zustimmung“, „Genehmigung“, die für den
gesetzgebenden Akt des Königs gefordert wird, sie ist auch
angeordnet für die Veräusserung von Landestheilen oder Rech-
ten der Krone ($ 2), zum Eintritt einer Regentschaft ($ 11),
zur Übernahme fremder Kronen oder zum Aufenthalt des Kö-
nigs ausser Landes ($ 5), zur Veräusserung oder Belastung
des Staatsgutes ($ 18), zur Verpfändung der zum Hausfidei-
kommiss gehörigen Kostbarkeiten ($ 20), zu Anleihen ($ 105,
jetzt Gesetz vom 5. Mai 1851 $ 8) u. s. w.
Hier allerdings kann man die Zustimmung oder Geneh-
migung als die allgemeine Form bezeichnen, in welcher eine
Mitwirkung der Volksvertretung bei der Ausübung der Staats-
gewalt eintritt. Aber darum geschieht es nicht minder, genau
so wie nach der preussischen und deutschen Verfassung,
dass die Mitwirkung der Stände zur Gesetzgebung eine
spezifische, durch besondere Merkmale ausgezeichnete Form
darstellt, die sich von der Mitwirkung der Stände bei andern
Staatsakten charakteristisch unterscheidet. Jeder Blick auf
die Kammerverhandlungen ergiebt dies. Vor allen Dingen
auch nur die flüchtigste Durchsicht der sächsischen, wie