91] 8:9. Der Begriff der Verwaltung. 187
dem Worte „Verwaltung“ eine schillernde Vieldeutigkeit gab.
Niemals wird es gelingen, die „Verwaltung“ von der ihm ein-
geprägten Beziehung zu den Aufgaben des Staates loszulösen.
Vor allen Dingen — die Eliminirung des Wortes Vollziehung
und seine Ersetzung durch „Verwaltung“ widerstreitet: dem
unwiderstehlichen systematischen Bedürfniss, zwei unterschie-
dene Bezeichnungen zu besitzen für die zwei unterschiedenen
Gesichtspunkte, unter denen die Thätigkeit des Staates zu
betrachten ist: in Reflexion auf ihre materiellen Zwecke
und auf ihre formellen Verfahrungsweisen. Nicht Eli-
minirung und Verwechselung, sondern die begriffliche Reini-
gung der Bezeichnungen „Vollziehung“ und „Verwaltung“ war
wissenschaftlich geboten.
Doch ich kehre zur entscheidenden Hauptfrage zurück.
„Verwaltung“, wie ich sage: Vollziehung oder vollziehende
Verwaltung, ist nach den Begriffsbestimmungen Laband’s:
„das. staatliche Handeln, das Thun und Lassen. des Staates
als einer handlungsfähigen Person,“ „die Bethätigung seiner
Kraft, seiner physischen Leistungsfähigkeit“ — „im Gegensatz
zu seiner geistigen Thätigkeit“, „gegenüber dem staatlichen
Wollen und Denken“.
Ich vermag in diesen Wendungen nichts Anderes zu er-
kennen, als. die analogische Übertragung der verschiedenen
Vorgänge, die die Willenshandlung des Individuum ausmachen,
auf die Thätigkeit des Staates.
In jeder Willenshandlung d. h. in jenem als Einheit ge-
dachten Vorgang, der Veränderung als durch menschlichen
Willen verursacht und der menschlichen Willen als in einer
Veränderung wirksam darstellt, unterscheiden sich zwei be-
sondere Momente:
Die innern psychologischen Vorgänge, die in der Wil-
lensbildung oder Willenssetzung, in dem Entschlusse
oder Beschlusse, als der nicht weiter erklärbaren Erregungs-
ursache psychischer und psychophysischer Bewegungen oder
Hemmungen, ihren Abschluss finden; und die Handlung, das
ist die durch den Beschluss, als der vorhergehenden rein