188 $ 9. Der Begriff der Verwaltung. [92
geistigen Thatsache, verursachten psychischen, psychophysi-
schen oder mechanischen Veränderungen.
Allein die analogische Übertragung dieser individual-
psychologischen Vorgänge und Unterscheidungen auf die Funk-
tionen des Staates ist unmöglich.
Jeder Akt der Gesetzgebung ist im psychologischen Sinne
bereits Handlung. Allerdings, wenn in dem Gange der Ge-
setzgebung nur das erste Stadium ins Auge gefasst wird,
welches mit der Sanktion des Gesetzes am auffälligsten ab-
schliesst, dann liegt in ihm das Analogon des Entschlusses
oder Beschlusses klar zu Tage. Dieses Stadium gehört rein
der innern staatlichen Willensbildung an. Aber der Gesetz-
gebung ist das zweite Stadium: der sich nach Aussen, an
Alle, die es angeht, richtende Befehl, kurz das Stadium der
Promulgation und Publikation nicht minder wesentlich. Die-
ses zweite Stadium aber gehört durchaus dem Begriff der
Handlung an. Der verkündete Gesetzbefehl ist nichts Ande-
res, als die durch die Willenssetzung verursachte psychophy-
sische Bewegung, welche eine bestimmte psychische Einwir-
kung auf diejenigen und ein dem entsprechendes Verhalten
Derer, an die er ergeht, ins Werk setzt.
Ebenso auf der andern Seite: wie jeder abgeschlossene
Akt der Gesetzgebung bereits Handlung ist, so enthält jeder
„Verwaltungsakt“, insbesondere selbstverständlich jeder „Ver-
waltungsbefehl“ das Moment der Willenssetzung Desjenigen,
der ihn vornimmt oder ergehn lässt — gleichgültig ob diese
Willenssetzung durch anderweitige, insbesondere durch Ge-
setzes-Befehle an ihn selbst verursacht oder auf seiner freien,
ermächtigten Willensentschliessung beruht.
Damit ergiebt sich, dass die Unterschiede zwischen Be-
schluss und Handlung im psychologischen Sinn auf die Un-
terschiede zwischen Gesetzgebung und vollziehender Verwal-
tung nicht angewandt werden können.
Und weiterhin: wenn nicht blos der Verwaltungsakt, son-
dern auch der Akt der Gesetzgebung nicht nur der innern
Willensbildung, sondern bereits der Handlung angehört, so