208 & 11. Recht und Verrichtung. [112
loser Wille gegenüber einem andern Willen, der damit als
schlechthin unwirksam gesetzt ist, vorgestellt wird. Das Ver-
hältniss des Herrn zum Sklaven ist kein Gesellschafts- und
kein Rechtsverhältniss, sondern ein Sachverhältniss, welches
nur dritten Nichtsklaven gegenüber ein Gesellschafts- und
Rechtsverhältniss werden kann. Zweifellos ist die gegenseitige
Begrenzung, die Anerkennung irgendwie gegen einander selbst-
ständiger Willen die begriffliche Voraussetzung wie der Ge-
sellschaft, so auch des Rechtes. Eben deshalb ist es und bleibt
es eine fundamentale Funktion des Rechtes, die Begrenzungen
auf einander bezogener und wirkender Willenskräfte zu ord-
nen und aufrecht zu erhalten. Aber über diese Aufgabe hin-
aus, die die Bewahrung seiner Existenzbedingungen zum Ge-
genstande hat, liegt die andere fundamentale Aufgabe des
Rechtes, die seinen Endzweck und seinen Kulturwerth aus-
macht. Das ist die Aufgabe, das Zusammenwirken in der
menschlichen Gesellschaft zu ordnen; jene festen Regeln oder
Formen zu schaffen, welche die aufeinander wirksamen Wil--
lenskräfte nicht — negativ — abgrenzen, beschränken, son-
dern. welche sie — positiv — verbinden, verstärken, zusam-
mensetzen in den manigfachsten Kombinationen, um durch
planmässige und berechenbare Vereinigung der Kräfte Das
zu erreichen, was den nur gegeneinander abgegrenzten Willen
unerreichbar ist. Nur in einer ganz wunderlichen Verrenkung
der Begriffe „Begrenzung“, „Beschränkung“ kann man diese
organisatorische Leistung des Rechtes auf Grenzbestimmungen,
auf soziale Schrankenziehungen zurückführen.
2. Eine zum mindesten dem Missverständniss ausgesetzte
Wendung ist es, wenn man sich weigert, die gesellschaftliche
Thätigkeit und also auch die staatliche „Verwaltung“, welche
und insofern sie unter Rechtsregeln und insbesondere unter
gesetzlichen Regeln steht, als Ausführung des Rechtes, der
Gesetze anzuerkennen.
Niemand kann damit die widersinnige Auffassung verbin-
den, als ob die rechtlichen Regelungen an die Stelle der that-
sächlichen Vorgänge, die ihren Stoff bilden, oder an die Stelle