Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

129] 8 12. Recht und Staat. 225 
z. B. dem Wohnsitz des Steuerpflichtigen, in einem bestimm- 
ten Lokale z. B. nur im Gemeindehause und nicht etwa in 
der wechselnden Wohnung des Steuerempfängers, zu erfolgen 
habe, so würde der eigene Grundsatz Seligmann’s dies für 
Rechtssätze und ihre Änderungen als weitere Rechtssätze an- 
erkennen müssen. Es ergiebt sich daher auch in diesem Falle, 
dass aus der übertriebenen, ja lächerlichen Spezialisirung einer 
Vorschrift schlechterdings Nichts für die rechtliche Natur der- 
selben gefolgert werden kann. Die Technik der Gesetzgebung 
kann sich ebenso in verkehrten Generalisirungen wie in ver- 
kehrten Spezialisirungen vergreifen. 
Gewichtiger ist es, dass die Bestimmungen Seligman’s, 
in ihrem vollen, wohl nicht beabsichtigten Wortlaute aufge- 
fasst, weit genug sind, um die Kardinalsätze des konstitutio- 
nellen Staatsrechtes, welche die Gesetzgebung von dem Ver- 
ordnungsrechte abgrenzen, aus dem Begriff der Rechtssätze 
herausfallen zu lassen. Denn die „organisatorischen Normen“, 
welche zu diesem Behufe die Kompetenzen der gesetzgebenden 
und vollziehenden Organe feststellen und abändern, bewirken 
für die Unterthanen keinerlei neue Rechte oder neue Pflich- 
ten. Das geschieht erst durch die auf Grund der organisa- 
torischen Normen wirklich erlassenen Gesetze oder Verord- 
nungen, ja dies nicht einmal nothwendig, dann nämlich nicht, 
wenn dieselben nur „Verwaltungsvorschriften“ enthalten. 
Aber auch abgesehen hiervon — es bleibt eine unabseh- 
bare Summe von Vorschriften, die zwar nur der innern Or- 
ganisation angehören, die aber trotzdem für die Rechtsordnung 
des Staates nicht weniger als wesentliche bisher gegolten ha- 
ben und gelten müssen, wie solche organisatorischen Normen, 
welche die Rechte und Pflichten der Unterthanen berühren. 
Jede, auch nur die flüchtigste Durchsicht irgend einer Ver- 
fassung erhärtet dies. Ich erinnere für die Reichsverfassung 
an die Bestimmungen über die Bundesrathsausschüsse, über 
die Rechte der einzelnen Bundesrathsmitglieder im Bundes- 
rathe selbst und im Reichstage, über die Rechte des Kaisers 
zur Berufung, Eröffnung, Schliessung, Auflösung von Bundes- 
Haenel, Studien. I. 15
	        
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