Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

149] $ 13. Gesetzgebung und Dienstgewalt. 245 
Ist das Alles richtig — und soviel ich sehe, bestreitet 
das Laband nirgends — dann ergiebt sich auch mit logi- 
scher Nothwendigkeit der entscheidende Folgesatz: Durch 
die Aufnahme einer Vorschrift, welche ihrem Inhalte 
nach eine Dienstinstruktion, ein „Verwaltungs- 
befehl“, eine „Verordnung im materiellenSinne“ 
sein könnte, in ein Gesetz erfährt dieselbe eine 
fundamentale Umänderung ihrer rechtlichen 
Natur: sie wird Norm des 6eseizgebers und ist 
in keinem Sinne mehr Befehl des Inhabers einer 
Dienstgewalt. 
Der Unterschied zwischen einer Vorschrift für die voll- 
ziehende Verwaltung als Dienstbefehl kraft der Dienstgewalt 
und zwischen einer solchen Vorschrift als Gesetzesbefehl kraft 
der gesetzgebenden Gewalt ist der denkbar grösste Unter- 
schied, den das Recht kennt; es ist der Unterschied zwischen 
den beiden Polen, die im Umkreis des Rechtsbegriffes liegen: 
zwischen objektivem und subjektivem Recht, zwischen 
Rechtssetzung und Rechtsausübung. 
Gegenüber einer letzten Frage endlich die insbesondere 
Seligmann — Begriff des Gesetzes pag. 79 — aufwirft: was 
denn in aller Welt uns berechtige, einer Anordnung, die den 
nämlichen Inhalt und die nämlichen praktischen Wirkun- 
gen habe, in dem einen Falle ihrer Gesetzesform für etwas 
anderes zu halten, als was sie in dem andern Falle, näm- 
lich als Dienstbefehl ist?, antworte ich, dass ich mit ganz 
demselben Rechte die Frage umgekehrt stellen kann: warum 
ist ein Dienstbefehl nicht Gesetz, da doch dieses den näm- 
lichen Inhalt und die nämliche praktische Wirkung haben 
kann, als jener? Und gerade, dass ich diese Umkehrung vor- 
nehmen kann, weist hin auf die Grundnatur des Rechtes als 
Form und Mittel für die Gestaltung thatsächlicher Lebensver- 
hältnisse, welche es im weitesten Umfange gestattet, dieselben 
nächsten, äussern, unmittelbaren, kurz „praktischen“ Erfolge 
in Formen zu bewirken, die vom Standpunkt der rechtlichen 
Betrachtung aus durchaus und wesentlich verschiedenartig sind.
	        
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