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Wo daher unsere Verfassungen irgend einem Organe das
Recht beimessen, Verordnungen zur „Ausführung“, zur „Voll-
ziehung oder Handhabung“, zur „Vollstreckung und Hand-
habung“ zu erlassen, da ermächtigen sie zwar zu Vollzugs-
verordnungen unmittelbar; aber der Erlass gesetzver-
tretender Verordnungen aus dem Motive und zu dem
Zwecke der Ausführung bedarf des ferneren Nachweises, dass
die Ermächtigung hierzu durch die auszuführenden Gesetze
ertheilt sei.
2. Die beiden Grenzbestimmungen sind formelle.
Weil sie den Umfang der Gesetzgebung im Verhältniss
zum Verordnungsrecht abhängig machen von der positivrecht-
lichen Gestaltung der Ermächtigungen, welche die Dienst- und
Befehlsgewalt ausmachen und auf welche sich alle gesetzver-
tretende Verordnungsrechte zu stützen haben, darum lassen sie
es zu, dass auf den verschiedenen Verwaltungsgebieten die
Abgrenzung eine sehr verschiedene ist. Dies tritt überall bei
dem Vergleich etwa der Verwaltung des Heeres, der auswär-
tigen Angelegenheiten und der Betriebsverwaltungen mit der
Justizverwaltung hervor. Allein die erörterten Grenzbestim-
mungen schliessen auf keinem Gebiete der Verwaltung, also
nirgends um des Inhaltes der zu treffenden Regelungen
willen, die Gesetzgebung grundsätzlich zu Gunsten des
Verordnungsrechtes aus.
Das gilt auch in Anwendung auf die Organisations-
gewalt des Staates, auf dasjenige Verwaltungsgebiet also,
welches in Rücksicht auf die Abgrenzung zwischen der Ge-
setzgebung und Verordnung in Theorie und Praxis das be-
strittenste ist.
Gerade an diesem Punkte ist es denn auch, wo die Theo-
rie von dem Doppelbegriffe des Gesetzes die praktisch belang-
reichste Bedeutung für sich in Anspruch nimmt. Hier ist es,
wo sie die Kompetenz der Gesetzgebung in begrifflicher All-
gemeinheit verneint. Indem sie die organisatorischen Re-
gelungen den „Verwaltungsvorschriften“ zuweist und
ihnen die Natur von Rechtssätzen abspricht, entzieht sie die-