310 $ 20. Grundanschauung. [214
wenn es verfassungsmässig zu Stande gekommen ist, bricht
wie jedes andere Gesetz jede ihm entgegenstehende Rechts-
norm. Niemals kann sich ein Faktor der Gesetzgebung, nach-
dem er seine Zustimmung zum Budgetgesetz bindend ertheilt
hat, darauf berufen, dass irgend eine bewilligte Position des
Etats oder auch die ausdrückliche und mit dem Budgetgesetz
selbst angenommene Ablehnung einer Position mit einem bis-
herigen Gesetz in Widerspruch stehe, um die Geltung des
letztern und die Ungültigkeit des erstern zu behaupten.
Und so zerstört die Anwendung des Doppelbegriffes des
Gesetzes auf die Feststellung des Budgetgesetzes nicht nur
jede feste Begriffsbildung für den Unterschied von Gesetz-
gebung und „Verwaltung“, sondern sie beruht überdies auf
einer vollkommenen Verkennung des Grundverhältnisses, in
welchem die Verfassung und das Gesetz nicht nur zu jedem
„Verwaltungsakt“, sondern auch zu jedem Gesetzgebungs-
akt steht.
B. Die Bedeutung und die Wirkungen des Budget-
gesetzes.
8 20.
Grundanschauung.
Die Grundanschauung, welche die staatsrechtliche
Würdigung des Budgetgesetzes leitet, ist von Laband zuerst
in seinem preussischen Budgetrecht — pag. 13. 14. — ent-
wickelt, alsdann auf das Finanzrecht des deutschen Reiches
— Hirth’s Annalen 1873 pag. 525. 537. — angewandt und
endlich im deutschen Staatsrecht — III, 2 pag. 339 — un-
verändert festgehalten worden. Sie enthält die folgenden drei
Behauptungen:
„Der Etat enthält keine Rechtssätze.“
„Der Etat ist eine Rechnung über künftig zu er-
wartende Einnahmen und Ausgaben“, ein sogenannter