Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

318 $ 21. Die Richtschnur der Finanzverwaltung. [222 
Einnahmen, aber auch die Pflicht ihrer Bereitstel- 
lung für die Verwendungszwecke. 
Das bethätigt sich im Einzelnen an folgenden Rechts- 
wirkungen. 
1. Die Finanzverwaltung ist nicht berechtigt über 
Einnahmen oder Vermögensbestände, welche im Etat- 
gesetz nicht eingestellt sind, einseitig und nach 
ihrem Ermessen als Deckungsmittel für den Staats- 
bedarf zu verfügen. 
Das gilt sachlich für die Art der Einnahmen. 
Ausseretatmässige Einnahmen, gleichgültig ob sie auf 
Gesetz beruhn oder durch einseitige Handlungen der Staats- 
regierung herbeigeführt sind, bilden Bestände, über welche, 
wenn nicht ein besonderes Gesetz eingreift, nur durch das 
Etatgesetz verfügt werden kann. 
Das hat im Reiche dem Grundsatze nach und für die 
gewichtigsten Anwendungsfälle ausdrückliche gesetzliche Aner- 
kennung gefunden. 
Das Reichseigenthumgesetz vom 25. Mai 1873 $ 11 
schreibt vor: 
„Die Einnahmen aus der Veräusserung der im Besitz der 
Reichsverwaltung befindlichen Grundstücke dürfen nur unter 
Genehmigung des Bundesraths und des Reichstages verausgabt 
werden und sind, sofern diese Genehmigung nicht anderweitig 
erfolgt ist, im nächsten Reichshaushalts-Etat in die zur Deckung 
der gemeinschaftlichen Ausgaben bestimmten Einnahmen ein- 
zustellen.“ 
Vor Allem ist aber durch die gewaltige ausseretatmässige 
Einnahme, die dem Reiche aus der französischen Kriegs- 
kostenentschädigung erwuchs, der entscheidende Präze- 
denzfall geschaffen. Für sie bestimmte das Etatgesetz vom 
4. Dezember 1871 8 8: „Die Verwendung der von Frankreich 
gezahlten Kriegsentschädigung wird durch Reichsgesetz gere- 
gelt“. Demgemäss ist in der durch das Gesetz vom 8. Juli 
1872 eingeleiteten Abwicklung überall der Grundsatz zur An- 
wendung gelangt, dass die Einnahmen aus der französischen
	        
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