Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

237] $ 22. Der Massstab der konstit. Verantwortlichkeit. 333 
ten Behörden untergeordnet sein müssen. In dieser Rücksicht 
ist das Budgetgesetz seiner Absicht nach von unmittelbarer 
Rechtsverbindlichkeit nur für die mit der politischen und 
finanziellen Gesammtleitung betrauten Organe, hier für den 
Reichskanzler und seine Stellvertreter. Ihre Aufgabe und ihre 
zu vertretende Pflicht ist es — wie sich dies technisch ins- 
besondere durch die Zerlegung des einheitlich formirten Budgets 
in die einzelnen Kassenetats vollzieht — diejenigen Anwei- 
sungen an die ihnen untergeordneten Behörden zu erlassen 
und diejenigen Aufsichtsrechte zu handhaben, welche die Aus- 
führung des Budgetgesetzes erheischt. Die untergeordneten 
Behörden selbst sind unter eigener Verantwortlichkeit un- 
mittelbar nur an diese Anweisungen, nicht aber an das 
Budgetgesetz gebunden. Sie sind aber auch in keiner Weise 
den gesetzgebenden Körperschaften, sondern nur dem Reichs- 
kanzler verantwortlich, welcher sie konstitutionell d. h. eben 
jenen Körperschaften gegenüber zu vertreten hat. Es kann 
daher verfassungsmässig in der gesammten Finanzverwaltung 
des Reiches, insbesondere auch nicht in der Militärverwaltung 
eine die Rechnungslegung berührende Massregel vorkommen, 
welche nicht unter der Verantwortlichkeit und darum unter 
der obersten Leitung des Reichskanzlers oder seiner Stell- 
vertreter stünde. 
2. Subjekt des Rechtes auf Verantwortung sind 
der Bundesrath und der Reichstag, aber nicht in ihrer 
Eigenschaft als gesetzgebende Faktoren und darum in ihrer 
Übereinstimmung, sondern als kontrollirende Organe der voll- 
ziehenden Gewalt und darum in ihrer Vereinzelung, jeder 
für sich zu selbständigem Rechte. 
Selbstverständlich bleibt hiervon ganz unberührt das 
Recht des Kaisers, Verantwortung vom Reichskanzler und allen 
Behörden auch nach Massgabe des Budgetgesetzes zu verlan- 
gen. Aber dieses Recht ist nur Ausfluss eines allgemeinen und 
weit umfassenderen Rechtes, seiner obersten Dienstgewalt, die 
auch hier Anwendung leidet, nicht aber eine besondere recht- 
liche Gestaltung empfängt.
	        
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