Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

346 $ 23. Die Budgetlosigkeit. [250 
Es ist endlich unrichtig, dass nur Abweichungen und dass 
nur gewisse Abweichungen vom Budgetgesetze Rechtsfolgen 
nach sich ziehn. Auch ohne Abweichung besteht die Pflicht 
der Rechnungslegung auf Grund des Budgetgesetzes und jede 
Abweichung ohne Ausnahme erzeugt die Rechtspflicht der mit 
der obersten Leitung der Finanzverwaltung verantwortlich be- 
trauten Organe, diese Abweichung bei Vermeidung rechtlicher 
Haftung gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften zu 
rechtfertigen. 
Und so bewährt sich auch nicht ein einziger der Gründe, 
welche Laband aus den Rechtswirkungen herleitet, um das 
Budgetgesetz als ein Gesetz nur im formellen Sinne, als Ge- 
setz ohne „wirkliche“ Gesetzeskraft zu erklären. 
Das Budgetgesetz erzeugt die seinem Inhalt entsprechen- 
den und darum eigenthümlich charakterisirten Wirkungen, aber 
immerhin Rechtswirkungen. Es ist auch in dieser Rücksicht 
Gesetz wie jedes andere. 
In der Hauptsache: Die objektivrechtliche Regelung der 
Rechte und Pflichten, die ein Verantwortlichkeitsverhältniss 
ausmachen, hat die Natur von Rechtssätzen. Das Budget- 
gesetz, als ein besonderer Massstab der konstitu- 
tionellen Verantwortlichkeit in Gesetzesform, enthält 
Rechtssätze. 
C. Die Budgetlosigkeit. 
8 23. 
Die Vorschrift der Reichsverfassung, dass alljährlich das 
Budget durch Gesetz vor Beginn des Etatsjahres festgestellt 
werden soll, ist eine unbedingte. 
Der unbedingten Vorschrift steht die thatsächliche Mög- 
lichkeit gegenüber, dass die gesetzliche Feststellung des Budgets 
nicht oder nicht rechtzeitig geschieht. Es mag sein, dass die- 
ser Thatbestand ohne jedes Verschulden eines der gesetz- 
gebenden Körperschaften herbeigeführt wird, im Sinne Rech-
	        
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