50 Gesetzgebung und vollziehende Gewalt.
zu bringen, weil er selbst nur einzelne Klauseln betreffende,
seiner Auffassung widersprechende Beschlüsse unter seiner
Verantwortlichkeit zu vertreten habe und dieselbe nicht glaubt
übernehmen zu können;
der Kaiser schreibt sich das Recht zu, der Weigerung
des Reichskanzlers Folge zu geben in einer Weise, welche der
Annanme der verfassungsmässigen Nothwendigkeit, rechtsgültig
vom Bundesrathe beschlossene Vorlagen beim Reichstage ein-
zubringen, widerspricht.
Nehmen wir an, dass dieser Vorgang eine massgebende
Deutung des a. 17 für die Zukunft enthielte, so würde dem
Kaiser eine Befugniss erwachsen, die man als ein vorausge-
nommenes Veto bezeichnen könnte. Dieses kaiserliche Veto
würde sich, anstatt, wie gemeinhin, an das Ende, an den An-
fang des gesetzgeberischen Prozesses setzen, dann nämlich,
wenn der Bundesrath zuerst mit einem Gesetzentwurf befasst
ist, sei es, dass die Initative hierzu in seinem Schosse ergriffen
wurde oder dass eine kaiserliche Vorlage durch denselben Aen-
derungen erfuhr. Es würde dann der Schein einer wunder-
lichen Anomalie entstehen. Dem Kaiser, dem jenes voraus-
genommene Veto zustünde, würde damit ein gleichartiges Veto
noch nicht zustehen, wenn ein Gesetzesentwurf aus der Initative
des Reichstages hervorgegangen wäre oder durch denselben
Aenderungen erfahren hätte und alsdann entgegen der kaiser-
lichen Willensmeinung im Bundesrathe zur Annahme gelangt
wäre. Denn hier ist von einer Unterbreitung von Bundes-
rathsbeschlüssen an den Reichstag keine Rede mehr. Allein
dieser Schein trügt. Denn die erweiterte Deutung, die man
dem Artikel 16 giebt, muss eine nothwendige Rückwirkung
auf den Artikel 17:
„Dem Kaiser steht die Ausfertigung und Verkündigung
der Reichsgesetze — zu.“
ausüben. Die Gründe, die ein materielle, vorausgenommenes
Veto aus Artikel 16 rechtfertigen können, können auch ein
materielles Veto aus Artikel 17 rechtfertigen.
Auch der Artikel 17 (damals 18) sollte, wie Artikel 16