Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

Gesetzgebung und vollziehende Gewalt. 51 
(damals 17) im Zusammenhange des Entwurfes dem Präsidium 
nur eine repräsentative, eine formale, unselbständige, von den 
Beschlüssen des Bundesrathes abhängige Befugniss einräumen. 
Es geht dies mit genügender Deutlichkeit schon aus der Zu- 
sammenstellung der beiden Worte: „Ausfertigung“ und „Ver- 
kündigung“ hervor, die zusammen den Beurkundungsakt, jenes 
gleichsam den innern, den Bundesrathsbeschluss .erklärenden, 
dieses den äussern, den Bundesrathsbeschluss nach Aussen über- 
mittelnden, darstellen. Nach der Erhebung des Präsidiums zu 
einem selbständigen Organe des Bundes mit eigener Kompetenz, 
kann jetzt dem Kaiser, so wenig wie bei Artikel 16, das Recht 
und die Pflicht abgesprochen werden, darüber selbständig zu 
befinden, ob die Beschlüsse des Bundesrathes rechtsgültig sind, 
mit andern Worten, ob die verfassungsmässigen Voraussetzungen 
seiner Kompetenz zur Ausfertigung und Verkündigung eines 
Bundesgesetzes vorhanden sind. Dieses formale Recht des Veto 
steht dem Kaiser auch aus Artikel 17 zweifellos schon jetzt 
zu. Mit Recht hat dies, nach dem Vorgange von Mohl’s,! 
Laband® anerkannt. Es bedarf hiernach nur des nämlichen 
Einsatzes der Verantwortlichkeit des Reichskanzlers, der näm- 
lichen Weigerung seiner Mitwirkung bei der Ausfertigung und 
Verkündigung des Reichsgesetzes aus politischen Gründen und 
des nämlichen Verhaltens des Kaisers, wie dies bei jenem, auf 
Artikel 16 bezogenen Vorgange stattfand, um das materielle 
Veto des Kaisers entstehen zu lassen. 
Allerdings wird man einem solchen Versuche die son- 
stigen Bestimmungen der Verfassung entgegenstellen. 
Zunächst den Artikel 5. Hier mag man dem zweiten 
Satz: „Die Uebereinstimmung der Mehrheitsbeschlüsse beider 
Versammlungen ist zu einem Reichsgesetze erforderlich und 
ausreichend“ weniger Gewicht beilegen, denn die Worte 
„und ausreichend“ sind historisch aus den „preussischen Grund- 
zügen vom 10. Juni 1866“ herübergenommen und sie bedeuten 
wenigstens hier nur den Gegensatz zum Erforderniss der Ein- 
! Reichsstaatsrecht S. 291 fi. ® Staatsrecht II, S. 42. 43. 
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