Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

Das Reich und der preussische Staat. 59 
liegt der Instruktion von Seiten Preussens unter der Verant- 
wortlichkeit des preussischen Ministeriums; sie ist es, die ent- 
scheidet über die Handhabung aller Befugnisse, die dem 
preussischen Staate innerhalb des Bundesrathes zustehen und 
damit über den massgebenden, in gewissen Fällen ausschlag- 
gebenden Einfluss, den im Gebiete der Gesetzgebung, der 
Verordnungsgewalt und aller Beschlüsse des Bundesrathes 
Preussen auf den Gang der Reichsgeschäfte ausübt. Aber 
allerdings der Reichskanzler gewinnt aus diesem seinem kaiser- 
lichen Amte das Recht und die Pflicht, einer Instruktion der 
preussischen Stimme, die den Gesichtspunkten der unter seiner 
Verantwortlichkeit geführten Reichspolitik widerspricht und 
die ihn lediglich als preussischen Bevollmächtigten binden 
würde, Weigerung und Widerspruch entgegenzusetzen. Eine 
einseitig gefasste preussische Instruktion an den bevollmäch- 
tigten Reichskanzler ist unvereinbar mit seiner verfassungs- 
mässigen Doppelstellung; sie führt in organischer Folge- 
richtigkeit zu jenem Konflikt der Pflichten, der die Herstellung 
einheitlichen Zusammenwirkens durch die oberste Entscheidung 
des deutschen Kaisers, Königs von Preussen erheischt, mag 
diese Entscheidung einen Wechsel der Personen oder eine 
sachliche Schlichtung herbeiführen. In diesem Weigerungs- 
und Widerspruchsrechte des Reichskanzlers und in der Noth- 
wendigkeit der einheitlichen Stimmabgabe im Bundesrathe, 
mit andern Worten in der Nothwendigkeit, dass jeden der 
siebzehn Bevollmächtigten jede preussische Instruktion gleich- 
mässig trifft, liegt es, dass man mit Recht und trotz des 
Mangels jeder formellen Bestimmung dem Reichskanzler nicht 
nur eine Stelle unter den andern preussischen Bevollmäch- 
tigten, sondern dass man ihm die Führung der preussischen 
Stimme zuschreibt. 
Ueber diese beschränkten, negativen Wirkungen, welche 
allein den bestehenden Verfassungsbestimmungen beiwohnen, 
haben die Bedürfnisse der praktischen Politik weit hinaus ge- 
drängt. Man hat nach Einrichtungen von positiver Leistungs- 
fähigkeit gesucht. Sie sollten es verbürgen, dass die Politik 
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