Full text: Studien zum Deutschen Staatsrechte. Zweiter Band. (2)

74 Das Verordnungsrecht des Kaisers und des Bundesrathes. 
so war damit die rechtliche Möglichkeit geschaffen, dem Prä- 
sidium als solchem und später dem Kaiser ein Verordnungs- 
recht und zwar mit unmittelbarer Rechtsverbindlichkeit für 
das Reich beizulegen. 
Allerdings zunächst und unmittelbar durch jene Ver- 
fassungsänderung verwirklichte sich die rechtliche Möglichkeit 
wahrer präsidialer Verordnungen nur an einem einzigen Punkte, 
am Verordnungsrechte im Gebiete des Post- und Telegraphen- 
wesens, an jenem Punkte also, an welchem nur mit Mühe die 
rechtliche Veränderung wegen ihrer Gleichgültigkeit für den 
praktischen Gang der Dinge und unter den verdeckenden 
Ausdrücken des Verfassungstextes wahrgenommen werden 
konnte. Denn nach dem ausdrücklichen Wortlaute des a. 53 
blieb es für die Kriegsmarine bei dem preussischen Verord- 
nungsrechte; erst die andere Fassung der Reichsverfassung hat 
es zu einem kaiserlichen erhoben. Und die besondere Gestaltung 
des preussischen Verordnungsrechtes im Gebiete der Militärver- 
waltung hat für die Anordnungen auf Grund des letzten Satzes des 
Artikel 63 schlechthin unverändert und für die Verordnungen 
auf Grund des Artikel 61, soweit nicht die neuere Militär- 
gesetzgebung das Verordnungsrecht ausdrücklich auf den 
Kaiser übertragen hat, ihre dauernde Geltung unter der 
Reichverfassung hehauptet. 
Die Ansicht insbesondere, als ob der geänderte Wortlaut 
des zweiten Satzes des Artikel 18 des Entwurfes (jetzt 17) 
schon für sich dem Präsidium irgend welches Verordnungs- 
recht eingeräumt habe, ist nicht gerechtfertigt. Denn wenn 
derselbe lautet: 
„Die Anordnungen und Verfügungen des Bundesprä- 
sidiums (Kaisers) werden im Namen des Bundes (Rei- 
ches) erlassen und bedürfen zu ihrer Gültigkeit der 
Gegenzeichnung des Bundes- (Reichs-)kanzlers, welcher 
dadurch die Verantwortlichkeit übernimmt“ 
so wird damit nur die Form des Verordnungsrechtes festge- 
stell. In welchen Fällen, in welchem Umfange dasselbe, 
insbesondere im Unterschiede von dem Verordnungsrechte des
	        
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