Full text: Um den Kaiser.

so daß die Sache noch einmal in erster Instanz vor die Strafkammer 
kommt. Vorher Auftreten des Fürsten Eulenburg in dem Prozeß 
Fürst Bülow gegen Brand, Herausgeber einer Zeitschrift für Homo- 
seruelle, „Gemeinschaft der Eigenen“, in der Fürst Bülow völlig 
grundlos unsittlichen Verkehrs mit einem Untergebenen beschuldigt 
worden war. Eulenburg als Zeuge benutzt die Gelegenheit, um Ver- 
fehlungen gegen den §& 175 für sich abzuschwören. Eine Milderung 
der kaiserlichen Stimmung gegen ihn ist wahrzunehmen, doch darf 
er bei Hofe nicht wieder erscheinen. 
In dem zweiten Verfahren in Sachen Moltke gegen Harden 
(Dezember 1907) lassen Vorsitzender und Staatsanwalt auf Antrag 
des Nebenklägers die Entkräftung des im ersten Verfahren ab- 
gelegten Zeugnisses der Frau v. Elbe, geschiedenen Gräfin Moltke, 
zu, lehnen dagegen Beweisanträge gegen den Zeugen Fürsten Eulen- 
burg ab, der seinen Eid aus dem Brand-Prozeß wiederholt und dahin 
erweitert, daß er auch keine „Schmutzereien“ mit anderen Männern 
getrieben habe. Ergebnis: Verurteilung Hardens zu vier Monaten 
Gefängnis. Apotheose für Moltke und Eulenburg. 
Im April 19o08 folgte in München ein an sich gleichgültiger 
Beleidigungsprozeß Hardens, in dem der Kläger einen Teil seines 
in Berlin zurückgewiesenen Beweismaterials gegen Eulenburg vor- 
bringt. Abscheuliche Schmutzereien aus früherer Zeit werden von 
zwei Mittätern, einem Milchhändler und einem Schifferknecht, unter 
Eidesdruck gestanden. Ergebnis: Moralische Vernichtung Eulenburgs. 
Notwendige Folge: Meineidprozeß gegen ihn. 
Nach langen Verhandlungen vor dem Schwurgericht, die sich 
neben den Münchener Fällen noch auf andere Greuel erstrecken, 
wird der Angeklagte vernehmungsunfähig und ist es nach den Gut- 
achten der von Jahr zu Jahr nach Liebenberg entsandten Sachver- 
ständigenkommission bis auf diesen Tag geblieben. — 
In dem ganzen Drama spielte, vom ursprünglichen politischen 
Gesichtspunkt aus gesehen, Graf Moltke immer nur eine Nebenrolle, 
die Hauptperson war von vornherein und blieb Fürst Eulenburg, 
Kopf und Seele der Tafelrunde. 
* 19
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.