Periode, als es sich darum handelte, die Verhandlung in Sachen
Moltke gegen Harden in zweiter Instanz zu verhindern, sind mir eine
größere Anzahl Briefe von Vermittlern, darunter Ballins, und
solcher Hardens selbst an sie, zur Kenntnis gekommen, aus denen
unwiderleglich hervorging, daß Harden mit allem Eifer Skandal
verhindern, nicht Skandal machen wollte. —
Hat die Darstellung dieser im Gerichtssaal sich abspielenden
höfischen Episode noch irgendwelchen Wert? Ich glaube doch. Vor
allem drängt sich die für den künftigen Geschichtschreiber nicht
gleichgültige Frage auf: Wie kommt es, daß der Berliner und
Potsdamer Hof unter Wilhelm ll. so viel Weibmänner — zu den
hier genannten kam noch ein Dutzend andere hinzu — anzog, und
daß der Kaiser, der selbst ein Vollmann war und ist und dem nichts
ferner liegt als süßliches Wesen, so lange ahnungslos einen Kreis
von mehr oder weniger anormal Veranlagten in seiner nächsten
Umgebung ertragen konnte? Wo ist der Erklärungs- richtiger
der Berührungspunkt?
In den „Homoseruellen“ sehen verständige Beurteiler Un-
glückliche, unter einem unüberwindlich regelwidrigen Naturtrieb Lei-
dende, nicht Lasterhafte, nicht Verbrecher. Leute, die durch Geständ-
nisse einzelner und eigene Beobachtungen Einblicke in ihr geistiges
und scelisches Leben gewinnen bonnten, schildern sie als vielseitig
begabt, namentlich für Musik, schöne Literatur, Theater, das politische
Welttheater nicht ausgeschlossen, sie bringen es aber nur selten über
einen höheren Grad von Dilettantismus hinaus zu wahrer Meister-
schaft. Mit Ausnahme vielleicht der Schauspielerei. Schauspieler
müssen sie ja auch im gewöhnlichen Leben sein, um zu verheimlichen,
daß ihr Lusttrieb pervers ist, und um dem Vorwurf der Lasterhaftig-
keit bei dem natürlich gearteten Volke zu entgehen. Sie haben ein
tiefes Mitgefühl für alle leidende Kreatur. (Phili schrieb über sich
selbst an seinen intimen Freund Fr. v. Farenheid: „So sehr fühle
ich mich Gefühlsmensch, daß ich mich instinktiv Charakteren gegen-
über in innere Opposition gedrängt sehe. Auf der Bühne sind
Charaktere notwendig; in der Geschichte machen sie mir Freude;
im Verkehr sind sie unbequem, ja unerträglich.“) Ihre Erotik ist
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