Full text: Um den Kaiser.

ler Regatten in Kiel 1907. Unter den französischen Gästen befand 
sich der Vizepräsident der Deputiertenkammer und Leiter des marok- 
kanischen Komitees, Herr Etienne, zu dem der Koaiser in einer länge- 
ren Unterredung seinen lebhaften Wunsch nach einer deutsch-franzö- 
sischen Annäherung aussprach. Auch Herr Pichon, damals wie 
heute Leiter der auswärtigen Angelegenheiten in einem Ministerium 
Clémenceau, wirkte beruhigend ein. In einer Rede gegen den alten 
Chauvinisten Delcassé äußerte er im Januar 1908: „Keine Ein- 
mischung in innermarokkanische Angelegenheiten, kein Protektorat! 
Wir gehen weder nach Fez noch nach Marrakesch.“ Dennoch konnte 
es zu einer wirklichen Entspannung nicht kommen, weil sich zu der 
wiedererwachten Revanchesucht die in der Presse und gelegentlich 
sogar im Senat ausgesprochene Furcht vor einem deutschen „Uber- 
fall“ gesellte, mit der merkwürdigen Begründung, daß für Deutsch- 
land kein anderer Ausgang übrigbleiben werde, um aus seiner „Iso- 
lierung“ herauszukommen. 
Die deutsche Politik blieb zwar bei ihrer alten Auffassung, 
daß Frankreich kein europäisches Mandat für die innere Ordnung 
in Marokko besitze, aber ihre Methode war eine andere geworden. 
Sie verhielt sich bei den immer wieder auftauchenden Kompetenz- 
fragen zunächst abwartend und ließ es im cußersten Falle bei 
freundlichen Erinnerungen an die Vorschriften der Algecirasakte be- 
wenden. So konnten denn auch die Bemühungen, in den deutsch- 
englischen Beziehungen eine wärmere Temperatur zu schaffen, ohne 
ernste Störungen fortgesetzt werden. 
Im Sommer 1907 hatte König Eduard wieder auf seiner 
Badereise nach Marienbad dem Kaiser einen Besuch gemacht, dies- 
mal in Wilhelmshöhe. In einer Erwiderung auf einen Trinkspruch 
des Kaisers hieß es: „Euer Majestät wissen, daß es mein größter 
Wunsch ist, daß zwischen unseren beiden Ländern nur die besten und 
angenehmsten Beziehungen bestehen.“ Am Tage darauf traf er 
mit dem Kaiser Franz Joseph in Ischl zusammen. Seit 1903 
hatte er es sich angelegen sein lassen, die Bezlehungen zwischen den 
beiden Höfen in jeder Weise zu pflegen. Im Jahre 1904 war Prinz 
Georg von Wales, der jetzige König von England, mit seiner aus- 
.
	        
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