zu rüsten begannen. Die deutsche Regierung schlug vor (Ende
Februar 1909), daß sämtliche Großmächte in Europa außer Oster-
reich-Ungarn gemeinsame Vorstellungen in Belgrad machen sollten.
Inhalt und Ziel der Vorstellungen sollte sein, daß die Serben, wenn
sie ihre Forderung auf eine Gebietserweiterung aufrechterhielten
und nicht alsbald die Rüstungen an ihren Grenzen einstellten, auf
keinerlei Unterstützung von außen zu rechnen und allein die Folgen
eineo kriegerischen Konfliktes mit Osterreich-Ungarn zu tragen hätten.
Die französische Regierung zeigte sich bereit, diesen Vorschlag zu
verwirklichen und übernahm es, Rußland dafür zu gewinnen, nach-
dem England erklärt hatte, sich von einem solchen gemeinsamen
Schritt nicht ausschließen zu wollen. Die Aktion wurde jedoch
dadurch durchkreuzt, daß der russische Minister Iswol-ski alsbald
in seperalo friedliche Vorstellungen in Belgrad machte.
Die serbische Antwort war unbefriedigend; sie knüpfte die Zu-
sicherung, auf territoriale Kompensationen für jetzt zu verzichten,
an die Bedingung, daß die Mächte Serbien die politische und
ökonomische Unabhängigkeit garaniieren sollen, d. h. Serbien wollte
nicht direkt mit Wien verhandeln, sondern die anderen Mächte da-
zwischenschieben. OÖsterreich-Ungarn konnte darauf nicht eingehen.
Es war kein unter internationaler Garantie stehendes Recht Serbiens
verletzt worden. Ösierreich-Ungarn hatte sich freiwillig bereit er-
klärt, an Serbien gewisse ökonomische Vorteile zu gewähren. Wie
die Türkei, für die mit der Annexion Bosniens und der Herzegowina
ein formales Recht verletzt war, sich mit Österreich-Ungarn direkt
verständigt hatte, so mußte sich erst recht Serbien, das nur über
zerstörte Hoffnungen auf Gebietserwerb klagen konnte, direkt mit
Wien auseinandersetzen, um Erleichterungen für die eingeengte
Lage seines Wirtschaftögebietes zu erlangen.
Das Auospringen Nußlands aus dem Kreis der Mächte hatte
also den Eigensinn der Serben eher ermutigt als gedämpft und
damit die Lage verschlechtert. Die Wiener Negierung schob den
lebzten entscheidenden Schritt, der nur den Charakter eines Ulti-
matums haben konnte, auf, um den Mächten Zeit zu einer Ver-
ständigung zu lassen, die den Serben jede Hoffnung auf Unter-
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