Full text: Um den Kaiser.

öffentliche Meinung in England versprach. Im Auswärtigen Amt 
erinnerte man sich, von der Existenz der langen Kieler Unterredungen 
mit Hale und von dessen Absicht, Teile davon im Century Maga- 
zine zu veröffentlichen, Kenntnis erlangt zu haben. Hale wurde 
dringend gebeten und fand sich angesichts des in Deutschland gegen 
den Kaiser ausgebrochenen Sturmes auch sofort bereit, alles in 
seinen Kräften Stehende zur Unterdrückung seiner Berichte zu tun. 
Dies gelang bei dem Century Magazine. Da aber auch andere Neu- 
yorker Blätter von dem Inhalt der Kieler Gespräche erfahren 
hatten, kamen doch wichtige Bruchstücke heraus, besonders durch 
die Zeitung The World, die sogar Aufzeichnungen Hales in dessen 
Handschrift faksimiliert brachte. Und der Inhalt? Ergüsse des 
Kaisers von leidenschaftlicher Abneigung gegen England, das die 
Sache der weißen Rasse durch sein Bündnis mit Japan verraten 
habe, Phantasien über die Zukunft des Stillen Ozeans, Deutsch- 
land und die Vereinigten Staaten vereint, um im Bunde mit 
Chinesen und Mohammedanern die gelbe Gefahr und zugleich die 
britische Seeherrschaft zu überwinden usw. Nach der Absicht des 
Kaisers sollte alles dies nur für den Präsidenten Roosevelt bestimmt 
gewesen sein, der auch als erster davon durch Hale unterrichtet wurde. 
Da dieser gegen die Veröffentlichungen prorestierte, ließ es die eng- 
lische Presse bei einigen Boshetten gegen den Kaiser bewenden und 
hatte die sehr unangenehme Geschichte keine sichtbaren bösen Fol- 
gen mehr. Vergessen wurde sie nicht, namentlich nicht von den 
Japanern. 
Aber auch die Erfahrung, die so deutlich die Gefährlichkeit einer 
widerspruchsvoll wechselnden und immer unbedachten persönlichen 
Stimmungspolitik erwies, brachte keine Ein= und Umkehr bervor. 
Trotz der symbolischen Szene im Berliner Rathause blieb der Kaiser von 
dem Gefühl beherrscht, im Reichstage ungerecht behandelt und gerade 
in einem Falle, in dem er konstitutionell verfahren war, ungenügend 
verteidigt worden zu sein. Er erlitt einen Zusammenbruch der Nerven 
und mußte zu Bett liegen. Zehn Tage lang durfte er keine Ein- 
gänge bearbeiten, keine Presseausschnitte entgegen nehmen. Von 
Personen aus der nächsten Umgebung des Kaisers konnte man 
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