I. Der wiedergenesene Kanzler.
Auf den Verlauf der Algeciraskonferenz konnte das deutsche
Volk nicht mit ungemischter Freude zurückblicken. Schon in den
OÖsterbetrachtungen der deutschen Presse 1906 kam mannigfach Sorge
und Mißmut über die Stellung Deutschlands in der Welt zum Aus-
druck. Auf der Konferenz war der deutsche Rechtsstandpunkt,
daß die Basis eines internationalen Vertrages, in diesem Falle des
Madrider Vertrages über die Handelsfreiheit in Marokkbo, nicht
ohne Zustimmung der Signatarmächte verrückt werden dürfe, aller-
seits anerkannt, die offene Tür eines an zwei wichtigen Welthandels-
straßen gelegenen Wirtschaftsgebietes gesichert worden. Der Erfolg
schien mager gegenüber dem großen Aufwand heftiger Gesien und
hätte sich gewiß auch ohne den Apparat einer Konferenz erreichen
lassen. Vor allem konnten die Erfahrungen auf der Konferenz selbst
auch die treuesten Anhänger der kaiserlichen Politik nachdenklich
machen. .
Deutschland hatte die Marokkokonferenz erzwungen. Niemand
im Ausland war der Konferenzgedanke angenehm gewesen: den
Franzosen nicht, weil ihre ganze bisherige Marokkopolitik damit unter-
bunden wurde, den Engländern nicht, weil sie sich schon endgültig
zu Frankreichs Gunsten aus Marokbo zurückgezogen hatten, den
Italienern nicht, weil sie damit in eine äußerst heikele Lage, einen
Konflikt zwischen Bündnis= und Vertragspflichten, gerieten, den
Russen nicht, weil ihnen andere Dinge viel größere Sorgen bereiteten
alo das für sie gleichgültige Scherifenland, den Spaniern nicht,
weil sie im Besitze eines Teilungovertrages mit Frankreich waren.
Was endlich Österreich-Ungarn und die Vereinigten Staaten be-
1 Hammann, Um den Kaiser 1