228 Wilhelm von Blume, Kommunalpolitik.
nach einem einheitlichen Plan geschieht, bei dem Rücksicht zu nehmen ist auf die natür-
liche Bodengestaltung, auf die Witterungsverhältnisse, auf die wirtschaftlichen Lebens-
bedingungen der Bevölkerung, auf die Forderungen der Hygiene, ja endlich auch auf die
Forderungen des guten Geschmacks. Aber es ist mit einer richtigen Anlegung der Strassen
und Plätze allein nicht getan, vielmehr gehört notwendig zu einer planmässigen Besiedlung
auch dieses, dass die zur Bebauung bestimmten Grundstücke in einer für die zweckmässige
Bebauung geeigneten Weise geschnitten werden. Es gehört zu einer richtigen Besiedlung,
dass diese Grundstücke so bebaut werden, dass den oben ausgesprochenen Forderungen
nach allen Richtungen hin Rechnung getragen wird, dass also durch geeignete baupolizei-
liche Vorschriften hingewirkt wird auf eine verständige Bebauung. Es gehört schliesslich
dazu, dass dafür gesorgt wird, die zur Bebauung bestimmten Grundstücke auch wirklich
der Bebauung entgegenzuführen. Denn die Besiedlung nach einheitlichem Plane kann aufs
schwerste dadurch gefährdet werden, dass grössere Flächen baureifen Terrains unbebaut
liegen bleiben. Von den Mitteln, die zu einer Gestaltung der Besiedlung in dem ange-
gebenen Sinne führen, steht in erster Linie der Erwerb des Grundes und Bodens
durch den Kommunalverband. Je mehr die Gemeinde von Privatrechts wegen Herr
ihres Grundes und Bodens ist, um so besser kann sie ihren öffentlich-rechtlichen l’flichten
hinsichtlich der Besiedlung genügen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass die Gemeinde
diesen Grund und Boden selbst bebaut, vielmehr stehen ihr Rechtsformen zur Verfügung,
die ihr den Grund und Boden erhalten unter Ueberlassung des Bebauungsrechts an
den Einzelnen: Das Erbbaurecht, das Rentengüterrecht, das sogenannte Ulmer Wieder-
kaufsrecht Wo der Absicht der Gemeinde, planınässige Besiedlung stattfinden zu lassen, Privat-
eigentumsrechte sich entgegenstellen, muss ihr die Möglichkeit gegeben sein, im Wege
der Enteignung den Widerstand zu brechen. Denn es gibt kein öffentliches Interesse,
dass diese Bezeichnung so unzweifelhaft verdient wie das Interesse an der Besiedlung des
Grundes und Bodens. Es soll, wie schon gesagt wurde, die Bebauung selbst keineswegs zur
ausschliessliichen Kommunal-Angelegenheit gemacht werden; denn es besteht die Gefahr,
dass bei einer Bebauung ausschliesslich durch die Gemeinden eine Gleichförnigkeit des
Lebens der Erfolg sein würde, die vermieden werden muss, wenn überhaupt Neigungen
und Wünsche des Einzelnen bei der Gestaltung seines Lebens noch Berücksichtigung ver-
dienen. Bei der Gestaltung der Gebäude ist deswegen nur dafür zu sorgen, dass die
Forderung der Volksgesundheitspflege und der Sicherheit des Lebens verwirklicht werden,
wobei aber möglichste Bewegungsfreiheit zu lassen ist im Interesse freier Betätigung der
Einzelkraft und des Einzelgeschmacks.
Mit der Bodenpolitik hängt aufs engste zusammen die Frage der Wohnungsfürsorge,
d. h. die Tätigkeit der Gemeinden, die gerichtet ist auf die Beschaffung von Wohnungen
in ausreichender Zahl und in ausreichender Gestalt, sowie auf eine Erhaltung der vor-
handenen Wohnungen in bewohnbarem Zustande. Ist der Wohnungsbau nicht schlechthin
Gemeindeaufgabe, wird sie dabei vielmehr immer noch die Tätigkeit des einzelnen gestatten
und fordern müssen, so ist es doch ihre Aufgabe anzuregen zu einem Wohnungsbau, der
die Bedürfnisse befriedigen und in richtiger Weise befriedigen kann. Sie wird daher Sorge
tragen müssen, dass zunächst das vorhandene Bedürfnis festgestellt wird durch Wohnungs-
statistik, sie wird ferner dafür sorgen müssen, dass die vorhandenen Wohnungen dem Be-
dürfnis zugeführt werden durch eine Wohnungsvermittlung, und sie wird endlich
wenn die Wohnungen nicht ausreichen, für ihre Beschaffung sorgen müssen, indem sie
den privaten Unternehmern bei der Herstellung Hilfe gewährt. Sie kann dieses in dem sie
die Bildung von Baugenossenschaften fördert und den vorhandenen Baugenossenschaften Hilfe
leistet, sie kann es ferner, indem sie dem einzelnen Unternehmer, soweit er dessen würdig
ist, mit Kredit zur Hilfe kommt. Und wo die Wohnungen in befriedigendem Masse und in
befriedigender Weise vorhanden sind, wird die Stadt weiter zu sorgen haben für eine Er-
haltung der Wohnungen in ihrem Zustande, wo Wohnungen in ungenügendem Zustande sich
befinden, für eine Besserung und Beseitigung durch eine ständige Wohnungsaufsicht,