Georg von Mayr, Statistik und Politik, insbesondere Verwaltungsstatistik. 237
Benutzung der erfolgenden Angaben zu „anderen“ als statistischen Zwecken — insbesondere zu
Steuerzwecken oder zur Kontrolle polizeilicher Meldungen — nicht eintreten werde. Anderer-
seits kommt es wohl auch vor, dass die Volkszählungslisten nicht bloss für dıe statistische Aus-
beutung benutzt werden, sondern dass sie nach Durchführung der Ausbeutung — so z. B. nach
niederländisch-belgischem System — zur Anlegung und Fortführung ständiger Bevölkerungs-
register zu allgemeinen Verwaltungszwecken benutzt werden; dann ist der vorbezeichnete Fall ge-
geben, dass primärstatistisches Material sekundär auch anderen Verwaltungszwecken dienstbar
gemacht wird. Sehr umfassende primärstatistische Erhebungen kommen namentlich im Bereich
der Wirtschafts- und der Sozialstatistik im engeren Sinn als besondere verwaltungsstatistische
Aufgaben vor, so z. B. ausser den bereits erwähnten Berufs- und Betriebszählungen die umfassenden
montanstatistischen, agraıstatistischen und gewerbestatistischen Spezialerhebungen, namentlich
die Statistik der Bergbau- und Hüttenprodukte, die Anbau- und Erntestatıstik, die Viehzählungen,
die besonderen Gewerbestatistiken, insbes. die Statistik der gewerblichen Produktion (soweit
solche nicht lediglich als Folge der Besteuerungskontrolle als sekundäre Statistik erwächst und
als solche überlanpt gegebenenfalls fast ausschliesslich die gewerbliche Produktionsstatistik dar-
stellt wie leider bisher im Deutschland; doch ist ersichtlich, dass in der allerneuesten Zeit im
Zusammenhang mit dem in verschiedenen Ländern, insbesondere auch in England verstärk en
und in tatsächlichen Ermittlungen betätigten Interesse an allgemeiner gewerblicher Produktions-
statistik auch für Deutschland die Ausgestaltung einer allgemeinen gewerblichen Produktions-
statistik doch wohl nur mehr eine Frage der Zeit ist).
Im einzelnen kınn »uch eıne Kombination prımar- und sekundärstatistischer Ermittlungen
sich ergeben, sofern ein spezifisch statistısches Interesse Anlass zur Verfeinerung und Erweiterung
sekundärstatistischer Massenbeobachtung gibt. Das ist z. B. der Fall, wenn wie z. B. bei den preus-
sischen Sterbfallkarten zu einer zunächst aus Aktenmaterial ermittelten Feststellung noch Ergän-
zungsfeststellungen auf Grund von statistischer Sonderbefragung der in Betracht kommenden
über die Sachlage informierten Personen stattfinden. In weiterem Sinn kann man hieher auch den
anderen Fall rechnen, in welchem die verwaltungsmässige Beobachtungstätigkeit speziell aus
statistischem Interesse über das Mass dessen hinaus erstreckt wird, was bei ausschliesslicher Be-
rücksichtigung der an sich gebotenen besonderen Verwaltungsinteressen notwendig wäre. Dieser
Fall liegt zum Beispiel bei der Statistik des auswärtigen Warenverkehrs vor, insofern nicht bloss
für zollpflichtige sondern auch für zollfreie Waren in derselben positiven und genauen Ausgliederung
der Ausweise wie für die zollpflichtigen Waren zu Zwecken der Statistik Ermittlungen angestellt
werden. Rein verwaltungsmässig betrachtet, würde in diesem Fall die summarische negative Fest-
stellung der Nichtzollpflichtigkeit genügen, wenn nicht gerade zum Zweck der Neuschaffung eines
offiziellen, tatsächlich aber weit überwiegend nur statistischen Charakter tragenden Zollverwal-
tungsinteresses die Einrichtung der „statistischen Gebühr‘ als einer Art Minimalzoll auch hier
das, was in Wahrheit primärstatistischer Natur ist, mit dem Gewand des Sekundärstatistischen
umkleidet hätte.
Die Gliederung der sekundären Verwaltungsstatistik gestaltet
sich gemäss der ressortmässigen Gliederung und den einzelnen Aufgabekreisen der Staats-, Kommu-
nal- und Zweckverwaltung. Im Ressort des Äussern pflegt im allgemeinen wenig selbständige
Sekundär-Statistik entwickelt zu werden; auch die etwaigen Sonderveröffentlichungen in Weiss-,
Blau-, Gelb- oder Rot ete.-Büchern pflegen nicht sekundäre Verwaltungsstatistik, sondern, soweit
sie überhaupt Statistik enthalten, eher internationale Vergleichszahlen zu bringen. Als Material-
Sammlung, nicht als Material-Schöpfung sind namentlich die Konsularberichte und die Berichte
der technischen Gesandtschaftsattachees gelegentlich auch für die Statistik von Bedeutung. Bei
den übrigen Staatsressorts ist in ausgiebigerem Masse durch spezielle Ausweise über deren fort-
laufende Verwaltungstätigkeit Anlass zur Herstellung mehr oder minder entwickelter sekundär-
statistischer Ausweise gegeben. Dabei kann man je nach dem Mass des veredelnden Eindringens
gesteigerten statistischen Interesses an der Nutzbarmachung des fortlaufend anfallenden Akten-
materials zwei mehr graduell als dem Wesen nach unterschiedene Gruppen auseinander halten.
Es kann nämlich geliefert werden eine einfache Ausnutzung des Aktenmaterials zu summarischen
Zahlenausweisen, die sog. Geschäftsstatistik, oder zweitens eine reıchlicher ausgebaute