Full text: Handbuch der Politik. Erster Band. (1)

Eduard Hubrich, Die Staatsformen. 7 
  
und Weise, wie die Rechtsordnung in einem Staat den Träger der Staatsgewalt bestimmt, ent- 
scheidet über die Verfassungsform des Staates, und zwar fällt die letztere, je nachdem zum Träger 
der Staatsgewalt eine physische Person berufen ist oder nicht, unter die Grundtypen entweder der 
Monarchie oder der Republik (Freistaat). 
1. Der Staatsform „Monarchie“ gehören also alle Staaten an, in welchen kraft inneren 
Verfassungssatzes eine einzelne physische Person zum ‚Träger‘ der Staatsgewalt („Herrscher“) 
berufen ist. Der Monarch steht nach moderner Anschauung nicht ausser und über dem Staat, 
sondern gehört demselben unmittelbar als Glied an, allerdings als ein solches Glied, von welchem 
als seinem eigentlichen Zentrum aus der Staatswille sich entfaltet und präsumtiv sich entfalten 
muss. Die Konzentration des Staatswillens in der Person des Monarchen ist der Inhalt des ‚„mo- 
narchischen Prinzips“. Die Rechte und Pflichten, die der Monarch in Darstellung des Staatswillens 
wahrzunehmen hat, sind zwar an sich Rechte und Pflichten des Staates selbst als einer Körper- 
schaft des öffentlichen Rechts. Aber dem Monarchen gebührt persönlich ein eigenes, nicht auf eine 
andere irdische Instanz weiter zurückführbares Recht auf die Herrscherstellung. Das Wort Frie- 
drichs des Grossen vom Monarchen als dem „ersten Diener des Staates‘ ist nur von politischer 
Münze und gibt lediglich der Überzeugung Ausdruck, dass der Monarch seine Gewalt nicht als ein 
zu individuellem Vorteil und Belieben gewälhrtes Privatrecht, sondern eingedenk seines Berufs 
als Staatsorgan im Interesse der Stastsgesamtheit auszuüben hat. Juristisch ist der Monarch 
niemandes Diener oder Beamter. Deshalb eignet ihm auch die Lebenslänglichkeit der Herrscher- 
stellung, wie die persönliche Unverantwortlichkeit, nicht nur wegen seiner Regierungsakte, sondern 
auch wegen seiner Privathandlungen. Die Ursprünglichkeit der monarchischen Herrscherstellung 
kennzeichnet das althergebrachte Prädikat der Monarchen „von Gottes Gnaden“.!) 
Je nach der Besetzungsart des Thrones oder der Regierungsweise des Monarchen zerfallen 
die Monarchien in folgende Unterarten: 
8) Erbmonarchie und Wahlmonarchie. In der ersteren ist die Krone mit einer bestimmten 
Familie des Staatsvolks (,„Dynastie‘‘) dergestalt verbunden, dass nach Massgabe einer bestimmten 
Folgeordnung immer ein Mitglied dieser Familie unmittelbar in die jeweilig frei gewordene Stellung 
des Trägers der Staatsgewalt einrückt. Der hergebrachte Ausdruck „Erbmonarchie‘ kennzeichnet 
nicht ganz zutreffend das Wesen der Sache. Ein wirkliches Erben der Krone im privatrechtlichen 
Sinne findet von seiten des neuen Monarchen nicht statt; die Staatsgewalt, deren persönlicher 
Träger (durch Tod oder Verzicht) in Wegfall gekommen, ist kein Nachlass, der des rechten Erben 
harrte. Die Thronfolgeordnung ist eine Ordnung öffentlichen Rechts und bestimmt, in welcher 
Reihenfolge die bleibende Institution des Trägers der Staatsgewalt aus den Gliedern der Dynastie 
sich den notwendigen persönlichen Rollenträger gewinnt. Unmittelbar im Augenblick der Thron- 
erledigung und ohne zeitliches Zwischenstadium?) eignet die Rechtsordnung der Erbmonarchie 
sich den neuen Rollenträger für die Herrschergewalt an. Allen Mitgliedern der Dynastie, welche 
die näheren persönlichen Voraussetzungen erfüllen, gebührt schon von Geburts wegen eine selbst- 
ständige öffentlich-rechtliche Anwartschaft auf den Thron, die der Throninhaber nicht willkürlich, 
etwa durch Testament entziehen kann. 
2) Nach deutschem Staaterecht lassen sich die Rechte des Monarchen in vier Gruppen ordnen: 6) eigent- 
liohe Regierungsrechte d. h. die Befugnisse, welche in die dem Monarchen zustehende oberste Staatelenkung 
aufgehen; — b) Vermögensreohte d. h. Ansprüche auf Vermögenswerte, mit welohen der Monarch wegen der ihm 
obliegenden äusseren Repräsentation des Staatsverbandes von Staats wegen ausgestattet ist („Zivilliste", pr. V. 
U. Art. 659); — o) Ehrenrechte, die entweder subjektiv der unmittelbaren Auszeichnung der Person des Monarchen 
dienen oder objektiv eine Ehrung anderer Personen zum Gegenstand haben (pr. V.U. Art. 50); — d) Anspruoh auf 
persönliche Unverletzlichkeit (pr. U.V. Art. 43): «) Anspruch auf erhöhten strafrechtlichen Sohutz bei Angriffen 
Dritter (R.St.G.B. $ 80 f., 94 £., 98 £.); ßB) Unantastbarkeit der Person des Monarchen sowohl auf dem Gebiet des 
Zivil- (Unzulässigkeit von Personalarrest R.Z.P.O. $ 918, 933), als namentlich dem des Strafreohts; y) politische 
Unversntwortliobkeit gegenüber dem regierten Volk und seinen Vertretungen. 
2) Le roi est mort, vive le roil — Le mort saisit le vif. — Rex non moritur.
	        
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