Vollsschulwesen. 209
§ 5. Die Eltern und Erzieher sind verbunden, schulpflichtige Kinder
zum regelmäßigen Besuch der Schulstunden anzuhalten. Die Erlaubnis zum
Wegbleiben eines Kindes aus der Schule ist in der Regel vorher zu erbitten;
falls dies aber unausführbar ist, muß der Grund der Versäumnis dem
Schuldirektor oder Lehrer ungesäumt angezeigt werden.
Lehrherren, Dienstherrschaften und Arbeitgeber haben ihren Lehrlingen,
Dienern und Arbeitern die zum Besuche der Fortbildungsschule nötige Zeit
einzuräumen, sie auch dazu anzuhalten.
Im allgemeinen gilt nur Krankheit der Schüler und bedenkliche Krank-
heit in der Familie als Entschuldigungsgrund für Schulversäumnisse. In die
Ermächtigung des Lehrers, beziehentlich Ortsschulvorstandes bleibt es gestellt,
Kinder von dem Schulbesuche zeitweilig auszuschließen, wenn in deren Familie
ansteckende oder bedenkliche Krankheiten herrschen, und es steht dem Lehrer frei,
mit ekelerregenden Krankheiten behaftete Kinder bis zu deren erfolgter Heilung
zurückzuweisen.
Bei unentschuldigten oder ungerechtfertigten Versäumnissen hat die zu-
ständige Behörde auf Anzeige des Schulvorstandes die Eltern oder Erzieher
der betreffenden Schüler, nach Befinden auch die Lehrherren, Dienstherr-
schaften und Arbeitgeber, sofern ihnen eine Verschuldung zur Last fällt, mit
einer Geldstrafe bis zu 10 Talern, welche im Falle der Nichterlegung nach
§§ 28 und 29 des Reichsstrafgesetzbuches in Haft umzuwandeln ist, zu belegen.
Gleiche Strafe trifft diejenigen, welche widerrechtlich den Eintritt in die Fort-
bildungs= (Sonntags= oder Abend-) Schule verweigern bez. deren Besuch ver-
nachlässigen. (Abs. 5 über Zwangserziehung.)
Beschwerden über die Schule oder den Lehrer sind, sofern sich dieselben
nicht durch Verständigung mit dem Lehrer selbst oder mit dem Ortsschul-
inspektor (beziehentlich Direktor) erledigen sollten, bei dem Ortsschulvorstande
anzubringen. Eigenmächtiges Einschreiten der Eltern gegen Disziplinar-
maßregeln der Lehrer und gegen die Ordnung der Schule ist von der zu-
ständigen Behörde auf Antrag des Schulvorstandes oder Lehrers mit Geld-
strafe bis zu 20 Talern, welche im Falle der Nichterlegung nach §§ 28 und
29 des Reichsstrafgesetzbuchs in Haft umzuwandeln ist, zu ahnden.
Die eingegangenen Strafgelder fließen zur Ortsschulkasse.
§ 22. Abs. 6. Bei Handhabung der Disziplin ist jedes den Zwecken
der Schule zuwiderlaufende Strafmittel zu vermeiden. Das Nähere hierüber
bestimmt die Ausführungsverordnung.
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