312 I. Der exekutive Kriminalbeamte.
Arbeiter Müller und Schulze sind. Entgegenzunehmen hat der exekutive Kriminal-
beamte aber ganz sicher alle solche Anzeigen, welche ein exekutives Einschreiten er-
fordern und die der Staatsanwalt, wenn sie bei ihm erstattet wären, dem Polizei-
beamten mit Auftrag zur Erörterung übersenden würde, also besonders bei Dieb-
stählen und Unterschlagungen, bei welchen meist zur Sicherung der Ueberführung
eine Durchsuchung und Beschlagnahme sich nötig macht. Hierher gehören auch andere
einfach liegende Fälle, bei welchen vielfach die Ueberraschung des Beschuldigten mit
der Befragung zweckmäßig erscheint. Anweisungen nach Kategorien lassen sich nicht
geben, weil jeder Fall wieder anders liegt; die Empfindung und der gesunde
Menschenverstand müssen den Beamten leiten. Polizeibehörden versehen ihre Beamten
meist auch mit eingehenden diesbezüglichen Instruktionen. Auch die Frage, wo eine
Anzeige zu erstatten und entgegenzunehmen sei, läßt sich nicht allgemein entscheiden.
Der Gendarm auf dem Lande, der vielfach in seinem Bezirke unterwegs und nicht
regelmäßig zu Hause anzutreffen ist, wird die Anzeige überall auf seinen Wegen
entgegennehmen können. Einige kurze Notizen in sein Taschenbuch genügen. In
größeren Städten, wo eine besondere städtische Polizeiabteilung oder gar Kriminal-
abteilung bestehen, werden die größeren Anzeigen meist an Bureaustelle der Polizei-
wachen anzubringen und entgegenzunehmen sein, weil der Dienst so geordnet ist, daß
die Beamten sich außerhalb desselben immer in bestimmten Dienstangelegenheiten be-
wegen. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß ein Bekannter oder Hausgenosse
des Beamten diesem der Kürze halber die Anzeige zur Weitererstattung gelegentlich
mitteilt. Bekannt ist auch die an das Polizeibureau zu richtende mündliche oder
telephonische Erbittung eines Kriminalbeamten zum Zwecke sofortiger Erörterungen,
Feststellung eines Unbekannten usw. Bei Polizeibeamten, die auf öffentlichen Straßen
Postendienst verrichten, werden nur solche Anzeigen erstattet werden können, welche
einen auf der Straße oder in einer Hausflur oder in einer Wohnung unter Wirkung
nach außen vorfallendes Ereignis, das sich überdies im räumlichen Wirkungskreise
des Postens abspielt, zum Gegenstande haben. Die Verhaltungsvorschriften für die
polizeilichen Straßenposten sehen diese Fälle meist eingehend vor. Im übrigen wird
der Posten nicht für verpflichtet erachtet werden können, Anzeigen, vielleicht über
einen vor drei Tagen verübten Diebstahl usw., entgegenzunehmen, da ihm ja die
Aufsicht über die Aufrechterhaltung der Straßenordnung usw. während seiner Posten-
zeit obliegt. Nur wenn es sich um ganz dringliche Maßnahmen, z. B. um sofortige
Festnahme eines in der Nähe aufgetauchten, von Zeugen wiedererkannten Sittlichkeits-
verbrechers, oder um Beschlagnahme von bei einem Unbekannten vorgefundenen Dieb-
stahlsobjekten, oder um Festnahme eines Mörders, Brandstifters usw. handelt, hat
auch der Posten einzugreifen, also immer dann, wenn Gefahr im Verzuge ist und
die nächste Polizeiabteilung räumlich zu weit entfernt ist.
Was die Behandlung der schriftlichen Anzeigen und deren Weitergabe an die
zuständige Behörde anlangt, so ist zu beachten, daß Strafsachen immer als eilige
Sachen zu behandeln sind, auch wenn keine Gefahr im Verzuge ist. Säumigkiit
kann den Erfolg eines Strafverfahrens vereiteln. Nach unserer Strafprozeßordnung