Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

354 I. Der exekutive Kriminalbeamte. 
13. Urkundenfälschung und falsche Legitimationspapiere. 
Ueber die einzelnen juristischen Merkmale der Urkundenfälschung 
vergleiche § 267 ff. des Str. G. Bs. (Band 1). 
Es soll hier nur von dem fälschlichen Anfertigen oder Verfälschen schrift- 
licher Urkunden gesprochen werden. Urkunde im Sinne von § 267 des Str.G.Bs. 
ist aber bekanntlich jeder leblose körperliche Gegenstand, z. B. Biermarken, Waren- 
verschlüsse in Gestalt von Bleiplomben usw., welcher bestimmt und geeignet ist, 
irgend eine Tatsache zu beweisen. Strafbar ist die Fälschung öffentlicher oder solcher 
Privaturkunden, welche an und für sich geeignet sind, irgend ein Recht oder Rechts- 
verhältnis, z. B. den Abschluß eines Kaufvertrags, Hingabe eines Darlehns usw., 
zu beweisen. Der Täter muß die Urkunde entweder verfälschen, d. h. die echte 
Urkunde in einem wesentlichen Punkte absichtlich verändern, oder fälschlich anfertigen, 
d. h. eine neue unechte Urkunde absichtlich herstellen. Beides muß in rechtswidriger 
Absicht vorgenommen worden sein, d. h. der Täter mußte dabei den Zweck verfolgen, 
mit der veränderten oder neu angefertigten Urkunde irgend welchen nicht erlaubten 
Zweck herbeizuführen, z. B. im Rechtsleben von der Urkunde Gebrauch zu machen. 
Der Täter muß das Bewußtsein haben, daß er rechtswidrig handelt. Wenn er 
glauben kann, der Berechtigte werde die Veränderung oder Anfertigung der Urkunde 
nachträglich genehmigen, so fehlt ihm das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit. Endlich 
muß der Täter von der in rechtswidriger Absicht verfälschten oder fälschlich 
angefertigten Urkunde zum Zwecke der Täuschung — diese braucht also nur erstrebt, 
nicht erreicht zu sein — Gebrauch machen. Nach 8 270 des Str.G.Bs. genügt 
es zur Bestrafung, wenn jemand von einer auch in nicht rechtswidriger Absicht ver- 
fälschten oder fälschlich angefertigten Urkunde, wissend, daß sie falsch oder verfälscht 
ist, in rechtswidriger Absicht zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht. Es 
übt sich jemand im Nachahmen fremder Unterschriften aus bloßem Interesse; nach- 
dem ihm die Ausfüllung eines Wechsels mit der nachgeahmten Schrift einer bestimmten 
Person besonders gelungen erscheint, kommt ihm erst der Gedanke, den Wechsel ohne 
Recht zu verwerten. Ein Gebrauchmachen von der Urkunde liegt vor, wenn 
diese durch Vorzeigen, Vorlegen, Vorlesen oder in anderer Weise, z. B. Hinlegen an 
einen Ort, wo der zu Täuschende sie finden wird, zugängig gemacht wird. Die ein- 
sache Abschrift von einer gefälschten usw. Urkunde ist keine Urkunde im Sinne dieser 
Bestimmungen. Es braucht auch nicht der aus der falschen Urkunde Verpflichtete 
getäuscht zu werden. Die Urkunde braucht nicht unbedingt die Unterschrift des Aus- 
stellers zu haben; es genügt, wenn dessen Person sonst aus der Urkunde und den 
Umständen ersichtlich wird. Mit der Urkundenfälschung trifft oft Betrug begrifflich 
zusammen. Von der Urkundenfälschung ist die sogenannte schriftliche Lüge zu unter- 
scheiden, bei welcher keine schriftliche Beglaubigungsform nachgeahmt oder verändert 
wird. Wer durch Unterzeichnung des Namens einer anderen, vielleicht gar nicht 
existierenden Person den Irrtum erwecken will, er sei eine andere Person, macht sich 
der Urkundenfälschung schuldig. Der fälschlichen Anfertigung einer Urkunde wird es
	        
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