362 I. Der exekutive Kriminalbeamte.
von einer geradezu erschreckenden Unsittlichkeit sind. Die Ursache liegt, abgesehen
von der gegenseitigen Verführung der Schulkinder, in den häuslichen Verhältnissen
der Eltern, welche mit ihren 12 und 13 Jahre alten Töchtern in derselben Schlaf-
stube schlafen usw. Kommt dann gewissermaßen als Familiengenosse noch ein
lediger gewissenloser Logismann hinzu, so ist der Mißbrauch des Kindes gesichert.
Die Polizei könnte verbrechenverhütend auch in folgender Richtung wirken.
Auf den öffentlichen Kinderspielplätzen, besonders da, wo Sandhaufen zum spielen
sich befinden, sieht man vielfach Männer allerlei Standes, vom Arbeiter bis zum
Rentier, auf den Bänken sitzen, anscheinend in einer Zeitung oder in einem Buch
lesend oder sonst der Erholung lebend. Sieht man aber näher zu, so haben diese
Männer ihren Sitzplatz stets so gewählt, daß ihnen gegenüber oder seitwärts von
ihnen kleine Mädchen im Sande spielen und hierbei unbewußt ihren nackten Geschlechts-
teil zeigen, weil sie entweder gar keine oder keine geschlossenen Beinkleider tragen.
Auf die Beobachtung dieser Mädchen bezw. die Betrachtung ihrer Geschlechtsteile
haben es die erwähnten Männer abgesehen. Das bekommt man sofort weg, wenn
man ihre Blicke eine Weile beobachtet. Auch haben sie gegenüber Dritten, von
welchen sie sich beobachtet glauben, einen sehr scheuen Blick. Wenn solche Männer
sich auch nicht gerade immer an den vor ihnen spielenden Mädchen selbst vergreifen,
was ja auch schon oft vorgekommen ist, so wird in ihnen doch durch den genossenen
Anblick der Trieb zu dergleichen verbrecherischem Tun genährt, bis sie bei der ersten
besten Gelegenheit sich an einem Kinde vergreifen. Hier könnte die Polizei ein-
greifen. Die uniformierten Schutzmannsposten und Kriminalbeamte in Zivilkleidung
müßten angewiesen werden, bei ihren Patrouillen auf solche Kinderspielplätze ein
ganz besonders scharfes Auge zu haben und verdächtigen Mannspersonen, welche in
der geschilderten Weise ihr Wesen treiben, deutlich zu erkennen zu geben, daß sie
beobachtet werden. Diese bloße Beobachtung würde in den meisten Fällen genügen,
die scheuen Persönlichkeiten von ihren Sitzplätzen zu vertreiben.
Endlich würde verbrechenverhütend wirken, so seltsam es vielleicht zunächst
klingen mag, wenn die Eltern solche Mädchen, welche kurze Kleider tragen, nicht
ohne und nicht mit offenen Beinkleidern, sondern mit geschlossenen Beinkleidern
bekleiden würden. Freilich kann hier die Polizei nicht viel tun. Eine polizeiliche
„Beinkleiderordnung“ würde gewiß mittelalterlich berühren. Wohl aber könnten die
Lehrerinnen in den Mädchenschulen in diesem Sinne auf die Mütter einwirken,
welche ja das meiste Interesse daran haben, daß ihre Töchter sittlich bewahrt bleiben.
In den besseren Kreisen pflegen die schulpflichtigen Mädchen meist geschlossene
Beinkleider zu tragen; ganz gewiß ist es auch mit auf diesen Umstand zurück-
zuführen, daß dergleichen Mädchen viel weniger die Opfer von unsittlichen Angriffen
werden. Einmal reizt der unverhüllt sichtbare kindliche Geschlechtsteil zum Ver-
brechen an, und zweitens ist an einem Kinde, welches nicht geschlossene Beinkleider
trägt, ein unsittlicher Angriff sehr leicht verübt, während sonst dem Täter ein
Hindernis entgegensteht. Es ist manchmal wirklich wider die öffentliche Ordnung,
in welcher Weise sich schulpflichtige Mädchen auf öffentlichen Wegen, in Anlagen,