Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Unzucht mit Kindern. — Brandstistung. 365 
den sonstigen Gegenständen derart mitgeteilt hat, daß sich ein selbständiges 
Fortbrennen entwickeln kann. Deshalb genügt bloßes Ankohlen, z. B. eines 
Fensterrahmens, einer Türpfoste usw. noch nicht. Brennen mit heller Flamme ist aber 
nicht nötig; es genügt ein Fortglimmen oder Fortglühen. Auf diese Unterscheidungs- 
merkmale ist bei den praktischen Erörterungen zu achten; nur wenn die Möglichkeit 
des selbständigen Fortbrennens, Fortglimmens, Fortglühens gegeben war, liegt voll- 
endete vorsätzliche oder fahrlässige Brandstiftung vor; sonst ist es eventuell beim 
vorsätzlichen Versuche verblieben. In der Anzeige sind die Unterlagen für die 
Annahme der Vollendung oder des Versuchs hervorzuheben. In zweifelhaften Fällen, 
z. B. sehr oft bei geringfügigen Waldbränden, sind deshalb als Beweisstücke ver- 
brannte Baumrinde, Aeste, Zweige, Gräser usw. zu sammeln, aus deren Beschaffen- 
heit später der Sachverständige auf den Grad und die Art der Zündung schließen kann. 
Die Ermittlung eines unbekannten und die Ueberführung eines leugnenden 
Brandstifters gehören zu den schwierigsten, deshalb aber auch zu den interessantesten 
Aufgaben der Kriminalpolizei. Zwar führen in immerhin nicht wenigen Fällen die 
Untersuchungen in geschickter Hand und oft unter Aufbietung eines komplizierten 
Apparates zu einer vereinzelt sogar bewundernswerten Ueberantwortung des Ver- 
brechers. Aber nicht alle Untersuchungen verlaufen auf solche Weise, und die prak- 
tischen Kriminalisten sind sich darüber einig, daß die Führung des Schuldbeweises 
nicht in der wünschenswerten Anzahl von Fällen gelingt. 
Die Ursachen für diese nicht erfreuliche Erscheinung sind bekannt. Augenzeugen 
für die Ausführung der Brandlegung selbst ermittelt zu haben, wird sich selten 
ein Kriminalbeamter rühmen können. Es handelt sich also, soweit nicht Geständnis 
vorliegt, um einen Indizienbeweis und meist um einen solchen schwierigster Art. Der 
Brandstifter kann in einer Weise zu Werke gehen, daß die dem bemerkbaren Aus- 
bruche des Feuers vorausgehende Brandlegung und deren Vorbereitung von keinem 
Menschen beobachtet oder geahnt werden können. Trotz hinreichender vor oder bei 
Ausbruch des Feuers am Brandorte anwesend gewesener Zeugen arbeitet man also 
immer noch mit Vermutungen. In vielen Fällen genügt ja ein unbeobachteter 
Augenblick, um die Ursache des Erfolges zu setzen. Beispielsweise, wenn der ab- 
gewiesene Landstreicher auf das Feld des Bauern geht, den Getreidefeimen mit einem 
Streichholze anzündet und sofort im nahen Gehölze entkommt. Wie der Zeugen- 
beweis, bietet auch die Augenscheinseinnahme Schwierigkeiten. Der Brandherd wird 
vielfach von dem ausbrechenden Feuer vollständig mitverzehrt, so daß schon die Art 
der Brandlegung und die verwendeten Brandmitteln nicht erkannt werden können 
und der Schluß von ihnen auf einen bestimmten Täter nicht zu ziehen ist. Fehlt 
aber jeder Anhaltspunkt über die Brandlegung, so macht ein geschickter Alibibeweis 
viel zu schaffen. Die Entdeckung vom Feuer nicht vollständig verzehrter Brandmittel 
unter dem Brandschutte gelingt nur einer geschickten Hand und wird leicht durch 
Zufall oder Ungewandtheit völlig vereitelt. So klammert sich der Praktiker an das 
Motiv, welches den Täter bestimmt haben könnte. In der Tat ist auch im Mangel 
objektiver Anhaltspunkte der Ausgang von der subjektiven Seite der richtige. Hier
	        
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