366 I. Der exekutive Kriminalbeamte.
lehrt nun die Erfahrung, daß der Brandstifter vielfach eine eigentümliche Verbrecher-
psychologie aufweist und sich durch Motive bestimmen läßt, die ihn zur Ausführung
eines gleich oder minder schweren Deliktes nicht veranlassen würden.
Eine Brandstiftung kann in vielen Fällen mit Leichtigkeit verübt werden, und
überdies so, daß die Vorbereitungen dazu in aller Stille getroffen werden können.
Deshalb entschließt sich mancher zu einer Brandstiftung, der ein gleich schweres
anderes Verbrechen nicht begehen würde. Wer sonst dem Gegenstande seiner Rache,
Eifersucht, seines Hafses nicht beizukommen vermag, weil es ihm dazu an Mut, Geschicklich-
keit oder Gelegenheit gebricht, greift in seiner Ohnmacht zum Streichholz. Die heimlichen
Vorbereitungen und Legung des Brandherdes entbehren für das leidenschaftliche
Gemüt nicht eines gewissen Anreizes zur Tat und eignen sich also zur Auslösung
heftiger Affekte. Eine Gefährdung oder gar ernstliche Schädigung fremden Menschen-
lebens oder Eigentums nimmt der Brandstifter vielfach nicht in den Kreis seiner
Erwägungen auf. Die fremden Immobilien und Mobilien sind meist versichert. Die
Schädigung der Versicherungsgesellschaft, die ihren Beamten reiche Tantiemen zahlt
und von Unzähligen jahrelang die Versicherungsbeiträge ohne Gegenleistung einzieht,
wird nicht empfunden. Menschenleben kommt bei dem modernen Feuerlöschdienst
selten in Gefahr. Alle diese Gesichtspunkte bewirken einzeln oder zusammentreffend,
daß der Brandstifter sich oft um eines geringen Vorteils oder einer geringen Kränkung
willen zur Tat entschließt.
Auf der anderen Seite gehört es auch zur psychologischen Eigentümlichkeit des
Brandstifters, daß er sich nicht schwer in auffälliger Weise, wie kein anderer Ver-
brecher, vor, bei oder nach der Tat selbst verrät, beispielsweise durch unvorsichtige
Reden oder durch sein Verhalten beim Ausbruche des Feuers und beim Löschen.
Freilich muß man prüfen, ob dem Verdächtigten hier nicht bloß der Zufall einen
Streich spielt. Endlich bedarf aber, wer einen heimlichen Brandstifter entdecken und
überführen will, noch mancherlei anderer praktischer und auf technischem Gebiete
liegender Kenntnisse und vor allem einer besonderen Uebung, großer Sorgfalt und
beharrlicher Ausdauer.
In größeren Städten mit ausgebildeter Exekutivmannschaft oder gar besonderer
Kriminalabteilung liegt der erste Angriff in willigen und eifrigen Händen. Bei
einer bestimmten Anzahl von Beamten wird immer ein bleibender Stamm erfahrener
Leute vorhanden sein, welche in Brandstiftungsfällen gearbeitet haben und die Neu-
linge heranbilden. Die Stadtverwaltungen, bei welchen, mit Ausnahme einiger
Residenzen, die Ausübung der Sicherheitspolizei ruht, haben schon wegen ihrer Be-
ziehungen zum Brandversicherungswesen genügendes Interesse daran, daß die Er-
mittelungen mit Geschick und Nachdruck betrieben werden. Lohnend und empfehlens-
wert ist bei größeren Polizeibehörden eine systematische Belehrung und Anleitung zur
Erörterung von Brandstiftungen, sei es, daß eine kurze schriftliche Instruktion mit
noch zu erwähnendem Inhalte den Beamten in die Hand gegeben oder daß aus-
führliche mündliche Unterweisung erteilt oder auf beiden Wegen nebeneinander ge-
fördert wird. In den größeren Städten befassen sich eine ganze Reihe von Para-