Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

370 I. Der exekutive Kriminalbeamte. 
Aufsuchen des Brandherdes und sonstiger verdächtiger Spuren persönlich zu be- 
teiligen. Die Polizeibehörde hat sich aller nötigen Erörterungen, insbesondere 
soweit Gefahr im Verzuge ist, zu unterziehen, sich aber aller Erhebungen, deren 
Vornahme nicht sofort geboten erscheint und den Zweck der Untersuchung gefährden könnte, 
im Zweifel zu enthalten. In der richtigen Abwägung dieser sich gegenüberstehenden 
Interessen wird an das isolierte Polizeiorgan eine nicht geringe Anforderung gestellt. 
Denn welche Handlungen sofort vorzunehmen sind und welche besser aufgeschoben 
werden, entscheidet sich im Einzelfalle und kann nicht genau ein für allemal voraus 
bestimmt werden. Als Fingerzeig kann aber folgendes dienen: Durch Befragung 
geeigneter Zeugen, der Dienstboten, Hausbewohner, Nachbarn und Löschmannschaften, 
ist zu erforschen, ob und weshalb und gegen wen diese Personen Brandstiftung ver- 
muten. Vom Gemeindevorstand, der meist mit an der Brandstelle anwesend sein 
wird, ist der Leumund der in Frage kommenden Verdächtigen, soweit er dem 
erörternden Beamten nicht selbst bekannt ist, zu erfragen. Wenn die Person des 
Verdächtigen feststeht und erreichbar ist, kann er kurz über den ausgesprochenen 
Verdacht und darüber, welche Entstehungsursache des Feuers er annimmt, gehört 
werden. Eine eingehende Vernehmung und insbesondere Vorhalt über Einzelheiten 
und Widersprüche sind zu vermeiden. Bei Verhaftung stets und im Falle der 
Nichtverhaftung jedenfalls bei erheblichem Verdachte sind die Person, insbesondere 
die Kleidung des Verdächtigen nach Brandflecken und dergl. und die Taschen nach 
Resten von Brandmitteln oder anderen Spuren, in gleicher Richtung die Behausung 
des Beschuldigten zu untersuchen. Hierauf wird erfahrungsgemäß zu wenig Wert 
gelegt. Eine nicht erforderliche Verhaftung ist zu unterlassen, weil sie den Brand- 
stifter vielfach verstock macht, während er, in der Freiheit geschickt beobachtet, sich 
nicht unschwer durch sein Verhalten usw. belastet. Endlich kann in vorsichtiger 
Weise nach dem Brandherd gesucht werden. Dies geschieht zweckmäßig unter Zu- 
ziehung noch anderer geeigneter Personen, damit hierbei gemachte wichtige, ja vielleicht 
ausschlaggebende Wahrnehmungen nicht auf dem Zeugnis und der Auffassung eines 
Einzelnen stehen. Wird der Brandherd oder werden mehrere Brandherde gefunden, 
so sind sie im ursprünglichen Zustande zu belassen und, soweit irgend tunlich, gegen 
äußere Einwirkungen sicher zu stellen. Wird ein Brandherd nicht entdeckt oder nach 
ihm aus bestimmten Gründen vorläufig nicht geforscht, so ist die ganze Brandstätte, 
wenn irgend möglich, unverändert zu lassen und die Vornahme der Aufräumungs- 
arbeiten auf das Nötigste zu beschränken. 
18. Mord bezw. Totschlag. 
Der juristische Unterschied zwischen Mord und Totschlag liegt darin, daß der 
Mörder die Tötung mit Ueberlegung, der Totschläger sie ohne Ueber- 
legung ausgeführt hat. Es kommt also allein darauf an, ob der Täter bei 
der Ausführung der Tat selbst, nicht ob er bei ihren Vorbereitungshandlungen 
mit oder ohne Ueberlegung handelte. Die Ueberlegung wird vor allem ausgeschlossen
	        
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