412 I. Der exekutive Kriminalbeamte.
sind: gesteigerte Reizbarkeit, eintretende Interesselosigkeit, große Schreckhaftigkeit,
Angstzustände, Abnahme der moralischen Urteile, Abnahme der Intelligenz, körper-
licher Verfall, Zittern der Hände, Fähigkeit zur Arbeit erst nach Alkoholgenuß,
delirium tremens mit Sinnestäuschungen und Beschränkung des Bewußtseins. Nicht
immer ist der chronische Alkoholist strafrechtlich unzurechnungsfähig; es kommt auf
den Nachweis an, daß er unter dem Einflusse ciner wenn auch schnell vorüber-
gehenden Seelenstörung gehandelt hat. Der chronische Alkoholist neigt strafrechtlich
zu Gewalttätigkeiten, Körperverletzungen, Widerstand, Sachbeschä-
digung, Brandstiftung, Mord. Bekannt ist der Eifersuchtswahn der Trinker,
in welchem sie zu Dolch und Revolver gegen ihre Frau greifen.
Auf der Grundlage des chronischen Alkoholismus treten öfter auch Zustände
im Charakter der Paranoia und Paralyse auf. Von sogenannter Säuferepilepsie
spricht man, wenn sich epileptische Anfälle einstellen.
Man urnterscheidet weiter einen pathologischen und einen normalen
Rausch. Der pathologische Rausch kann ein meist mehr oder minder belastetes
Individuum befallen, wenn es nach hochgradigen Affekten, starker geistiger oder
körperlicher Anstrengung, nach großer geschlechtlicher Ausschweifung, bei großer
Hitze usw. vom Alkoholgenuß berauscht wird. Auf der Höhe des Rausches fehlt das
Bewußtsein; ein langer Schlaf tritt ein; die Erinnerung an das Erlebte ist er-
loschen. Wer im pathologischen Rausche eine Straftat begeht, wird meist nicht
zurechnungsfähig sein. Aber es müssen eben alle die geschilderten Voraussetzungen
nachweisbar sein. Straftaten sind ebenfalls meist Gewaltakte. Auch der
normale Rausch ist eine Vergiftung des Gehirns, die das Bewußtsein des
Berauschten beschränkt. Wenn also in den Polizeianzeigen über die Straf-
taten Angetrunkener zu lesen ist: „Der Beschuldigte war zwar an-
getrunken, aber seiner Sinne noch vollständig mächtig“, so wird diese
Behauptung nicht immer eine zutreffende sein, denn der Beamte kann meist
nicht beurteilen, ob ein pathologischer Rausch vorliegt, weil hierzu
nähere Kenntnisse über das Individuum und dessen Verhalten vor.
der Tat nötig sind. Der Beamte kann aber auch nicht immer
beurteilen, wie weit der Berauschte noch seiner Sinne mächtig war
Dazu muß man die Widerstandsfähigkeit des Beschuldigten gegen Alkohol, das Maß
des genossenen Alkohols, die sonstige körperliche Beschaffenheit des
Täters vor dem Alkoholgenuß und der Tat, z. B. ob, wann und
was er gegessen hatte, ob er sehr ermüdet war, ermittelt haben.
Daß das Individuum mechanisch körperlich und geistig tätig sein kann, z. B. noch
ziemlich aufrecht geht und seinen Namen sowie seine Wohnung
nennt, ist nicht ausschlaggebend für das Vorhandensein des Bewußtseins.
Die Prüfung, inwieweit nachträglich noch die Erinnerung vorhanden ist, überwiegt
an Bedeutung. Angetrunkenheitsdelikte sind in der Regel: Verübung groben
Unfugs und ruhestörenden Lärms, Beleidigung, Körperverletzung,
Bedrohung, Sachbeschädigung, Widerstand, Majestätsbeleidigung usw.