Ruhestörender Lärm und grober Unfug. 437
ja in erster Linie obliegt. Also das Publikum als solches im Gegensatze zu
einzelnen Personen und zu individuell begrenzten Personenkreisen
(z. B. geschlossene Gesellschaft) muß verletzt oder gefährdet worden sein.
Verletzung Einzelner.
Die Verletzung oder Gefährdung einer oder mehrerer einzelner Per—
sonen kann aber dann den Tatbestand des ruhestörenden Lärms oder groben Unfugs
erfüllen, wenn die einzelnen oder die mehreren einzelnen Personen, z. B. ein oder
mehrere Bewohner desselben oder eines benachbarten Hauses, für den Beschuldigten
als Repräsentanten des Publikums um deswillen zu gelten haben, weil sie
für den Beschuldigten in keinen näheren Beziehungen wie das sonstige Publikum
stehen. Wer also einen Hund hält, dessen Bellen einen Mitbewohner (z. B. wenn
nur noch eine solche Person im Hause wohnte) oder mehrere Mitbewohner oder einen
oder mehrere Bewohner eines Nachbarhauses aus gerechtfertigten Gründen, nicht
also weil der Mitbewohner gerade besonders empfindlich ist, übermäßig belästigt,
macht sich der Uebertretung schuldig. Ebenso kann der Angriff auf eine oder mehrere
einzelne Personen auf offener Straße eine Verletzung oder Gefährdung des Publi—
kums in sich schließen, wenn dasselbe durch den Angriff in seinem Gefühle der
Sicherheit beeinträchtigt wird.
Psychische Beunruhigung, insbesondere durch die Presse.
Hierzu, und zwar im konkreten Falle zur Veröffentlichung eines politischen
Gedichtes durch die Presse, betont aber das Reichsgericht (Band 31 der Entschei-
dungen in Strafsachen, Seite 191), daß sich als Verübung groben Unfugs aller-
dings unter Umständen auch solche ungebührliche Handlungen charakterisieren lassen,
welche eine psychische Beunruhigung und Belästigung des Publikums verursachen.
„Voraussetzung ist aber auch hier immer, daß eine derartige Beunruhigung und Be-
lästigung sich als eine unmittelbare Wirkung der in Frage kommenden Handlung
darstellt. Von der Anwendung des § 360 Nr. 11 mühssen daher solche Fälle aus-
geschlossen bleiben, in welchen die Beunruhigung und Belästigung des Publikums in
seiner unbestimmten Allgemeinheit ersteine Folgeerscheinung von Einwirkungen
bildet, welche durch eine Gedankenkundgebung auf bestimmte Personenkreise oder
Bevölkerungsklassen ausgeübt werden.“ In derselben Entscheidung wird der grobe
Unfug definiert als „eine grob-ungebührliche Handlung, durch welche das
Publikum in seiner unbestimmten Allgemeinheit unmittelbar belästigt
oder gefährdet wird, und zwar dergestalt, daß in dieser Belästigung
oder Gefährdung zugleich eine Verletzung oder Gefährdung des
äußeren Bestandes der öffentlichen Ordnung zur Erscheinung
kommt.“ Es genügt hiernach zur Verübung groben Unfugs durch einen Zeitungs-
artikel nicht, daß bei einer unbestimmten und unbegrenzten Menge von Personen
durch die Kenntnisnahme von dem Inhalte des veröffentlichten Artikels beunruhigende
oder sonst belästigende Gefühle wachgerufen sind. Diese Wachrufung der Gefühle
muß vielmehr weiter auch eine Störung oder eine Gefährdung des