Full text: Handbuch für den exekutiven Polizei- und Kriminalbeamten.Zweiter Band. 1905. (2)

Bom groben Unfug zum Landfriedensbruch 2c. — Bekämpfung des Winkelschankes. 445 
und die Passanten zurückhalten. Es kann auch amtlich bekannt gegeben werden, daß 
von einer bestimmten Zeit an die Zugänge nicht mehr passiert werden dürfen. 
So oft solche Unzweckmäßigkeiten bei Paraden, Begräbnissen von Fürstlich= 
keiten usw. wahrzunehmen gewesen sind und zu Unliebsamkeiten geführt haben, immer 
kehren sie von neuem wieder. 
Es kommt also auch in diesen Fällen auf die Umsicht, Geistesgegenwart und 
Klugheit des einzelnen Beamten viel an; er kann viel verhüten, aber auch vieles 
provozieren. 
Greift ein Beamter kräftiger zu, so hat er schnell den Unwillen der Menge 
gegen sich. Die Masse, unter Einschluß der in ihr eingekeilten harmlos Gesinnten, 
fühlt sich sofort solidarisch, wenn ihr Gewalt gegenübertritt, und ein einzelner 
Schreier oder roher Bursche kann einen ganzen Haufen entflammen 
und irreführen. Kommt dann im Ernstfalle eine gereizte oder gar feindselig 
gestimmte Volksleidenschaft hinzu, so können von einer zusammengerotteten Menschen- 
masse bei der Unberechenbarkeit ihrer Bewegungen und bei der 
Unmöglichkeit, daß einzelne ihrer Glieder der allgemeinen Wut mit 
Erfolg begegnen, Ausschreitungen der bedenklichsten und gefährlichsten Art 
erwartet und befürchtet werden. Daß derartige Kraftproben einer gewalttätigen 
Menge die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sowie die Autorität der Staatsgewalt 
auf das empfindlichste schädigen müssen, liegt auf der Hand. Pflicht des Gesetz- 
gebers war es daher, bereits das gewollte Verweilen in einer solchen Menschenmasse 
zu verbieten und die Führer und Gewalttätigen mit zweckmäßigen Strafen zu 
bedrohen. Pflicht des Staatsbürgers ist es, den Willen und die Absichten des Gesetzes 
zu respektieren und sich auch nicht zur willenlosen Welle einer schädlichen Flut 
herzugeben. 
5. Bekämpfung des Winkelschankes. 
Nationalökonomische und kriminalpolitische Betrachtungen. 
Die Schädlichkeit des Winkelausschankes von Bier und Branntwein und 
damit auch die Maßnahmen zu seiner Bekämpfung kann man von verschiedenen 
nationalökonomischen und kriminalpolitischen Standpunkten aus betrachten. 
Daß der mit körperlicher Anstrengung arbeitende Mann der breiteren Schichten 
des Volkes nach unserem Klima und unseren Gewohnheiten des Alkoholgenusses 
bedarf, wird kaum bestritten werden können. Zusbesondere vermag ein mäßiger 
Biergenuß nach körperlicher Arbeit nicht nur leiblich, sondern auch innerlich zu 
erfrischen. In beiden Begiehungen bedarf aber der gewöhnliche Mann, um im 
schweren Kampfe des Daseins zu stehen, der Erquickung. Das wolle man niemals 
übersehen. In Deutschland gehört das Bier zu den Volksgenußmitteln. Etwas 
anders verhält es sich mit dem Genusse von Branntwein, der auch unter 
Berücksichtigung unseres Klimas und unserer Lebensgewohnheiten sich in Schranken 
zu halten hat. Der zeitweise Genuß von Branntwein wird besonders im Winter
	        
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