Bekämpsung des Winkelschankes. 451
nicht zum Hausgebrauche, sondern nur im Geschäfte verwerten kann, so ist die An-
nahme begründet, daß der Lieferant mit dem Bewußtsein handelt, der Abnehmer
werde den verbotenen Schank, wegen dessen er bereits bestraft wurde, fortsetzen.
Liesert er aber mit diesem Bewußtsein, so macht er sich falls der Abnehmer tat-
sächlich wieder den Branntwein unbefugt schänkt, nach zweifellosen rechtlichen Grund-
sätzen der Beihilfe zum unbefugten Schanke des Abnehmers schuldig und ist
straffällig. Die Strafe kann hier vom Amtsrichter bei den Vermögensverhält-
nissen des Lieferanten recht empfindlich ausgeworfen, außerdem diesmal das Faß
gegenüber dem Lieferanten selbst eingezogen werden. Es ist selten, daß ein Lieferant
nach solcher Bestrafung dem Abnehmer weiter liefert, vielmehr lehnt er weitere Be-
stellungen ab und wird auch, was von weittragender Bedeutung ist, anderen Ab-
nehmern derselben Art gegenüber vorsichtig.
Der Lieferant bringt meistens zwei Einreden. Er habe geglaubt, der Ab-
nehmer beziehe den Branntwein zum eigenen Hausbedarf. Dem steht aber meistens
die Menge des bezogenen Branntweins oder die Tatsache, daß der Abnehmer
Materialwaren= oder Viktualienhändler ist, entgegen. Der Lieferant hat ja selbst
genügend Erfahrung und kennt den Erwerbszweig seiner Kunden. Behauptet der
Lieferant, er habe gemeint, der Abnehmer verkaufe das Faß im Ganzen weiter, so
hat er gegen sich, daß der Inhalt des gelieferten Fasses meist unter 33 ½ Liter
(die Grenze von Branntweinkleinhandel und Branntweingroßhandel) beträgt, und
der Kleinhaudel mit Branntwein nach § 33 G.O. ebenfalls der Erlaubnis bedarf.
Im übrigen erkennt er aus der Art der ihm mit reichlichem Ziele, mit Wechsel
oder dergl. geleisteten Zahlung meist ohne weiteres den kleinen Umfang des
Gewerbebetriebes. Kommt dann noch hinzu, daß der Lieferant in derselben
Stadt oder in der Nähe derselben wohnt, so ist er über den Erwerbszweig
seines Kunden meist ganz genau unterrichtet. Sehr zweckmäßig ist es, wenn in
dem Adreßbuche der Stadt — in Chemnitz leistete mir dies großen Dienst — die-
jenigen Materialwarenhändler und ähnlichen Geschäftsleute, welche Erlaubnis zum
Schank oder zum Kleinhandel mit Branntwein haben, mit einem Sterne oder der-
gleichen gekennzeichnet sind, so daß der Lieferant, der ja meist mit dem Adreßbuche
arbeitet, aus diesem entnehmen kann, ob der Abnehmer Branntwein verschänken oder
in Mengen unter 33 ½ Liter verkaufen darf. Wird die Wahrnehmung gemacht, daß
ein Abnehmer von einem auswärtigen Lieferanten bezieht, so ist die Polizeibehörde
nicht behindert, den Lieferanten schriftlich oder durch Vermittlung der auswärtigen
Polizeibehörde dahin zu verständigen, daß der Abnehmer Erlaubnis weder zum Schank
noch zum Kleinhandel besitze und nach gemachter Wahrnehmung den vom Lieferanten
bezogenen Branntwein unbefugt verschänkt habe. Damit ist auch der auswärtige
Lieferant verständigt und gewarnt. Liefert er, ohne sich sichere Garantie geben zu
lassen, dem Abnehmer weiter, so wird er der Beihilfe zu dessen fortgesetztem Winkel-
schank unschwer überführt werden können.
Ist man auf die vorbeschriebene Weise zur Erörterung gegen einen Brannt-
weinlieferanten als Gehilfen eines unbefugt schänkenden Geschäftsmannes gelangt,
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